Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

132 Die Märzrevolution. 1848 
durch Hinweis auf die kommende volksthümliche Gesetzgebung 
beschwichtigt; nur in einzelnen Standesherrschaften führte 
der Grimm der Bauern über den bisher erlittenen Druck zu 
tumultuarischer Zerstörung der Herrensitze. Vor Allem rührte 
sich der Abscheu gegen die bisherige Polizei und deren regel- 
loses Verfahren. Keine Willkür mehr, riefen die Gemäßigten, 
überall strenge Beobachtung der Gesetze. Keine Gesetze mehr, 
erscholl es bei den Entschiedenen, jedes Gesetz beschränkt die 
Freiheit. Ein unaufhaltsamer Strom idealer und gemeiner 
Leidenschaften trieb die Massen vor sich her: mit einem Schlage 
war in einem Drittel von Deutschland ein Zustand völliger 
Anarchie vorhanden, in der keine Behörde mehr zu befehlen 
oder zu verbieten sich getraute, und das Wort Obrigkeit 
überall vergessen war. Die Bewegung hielt sich, bei dem 
Mangel jedes Widerstandes, einstweilen in einer leidlichen, 
nicht selten heitern Gemüthlichkeit; jeder that, was er mochte, 
ohne die Absicht, Andere zu schädigen; hier und da zeigte es 
sich freilich schon jetzt, daß bei längerer Dauer einer solchen 
Zügellosigkeit die Massen rasch in immer tiefere Verwilderung 
hinabsinken, und dann jeder nichtsnutzigen Demagogie auch 
auf schmutzige und blutige Wege bereitwillig folgen würden. 
Die Führer waren einstweilen im vollen Hochgenuß des 
Sieges; getragen von einer noch durch keine Parteispaltung 
getrübten Volksgunst, thaten sie einen bedeutenden Schritt 
vorwärts zur Erreichung des nationalen Ziels. Ein und 
fünfzig einflußreiche Männer, meist aus dem deutschen Süden 
und Westen, zwei Preußen, ein zufällig anwesender Osterreicher, 
traten am 5. März in Heidelberg zur Berathung der zunächst 
dringendsten Maaßregeln zusammen. Hier waren nun die 
Genossen von Offenburg und von Heppenheim vereinigt, und
	        
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