144 Die Märzrevolution 1848
aber wer will ermessen, wie weit das entschlossene Auftreten
einer mächtigen und in sich klaren Persönlichkeit bei der da-
maligen allgemeinen Unsicherheit und Auflösung hätte führen
mögen? Wohl wäre es ein Bruch des alten Bundesrechts
gewesen, aber ein solcher, der eine Revolution nicht begonnen,
sondern geschlossen hätte.
Allein so gut sollte es unserem Vaterlande nicht werden.
Der unselige Verlauf der Berliner Sturmtage, zuerst der
blutige Kampf und dann die schwache Nachgiebigkeit, hatte
der republikanischen Partei in Deutschland die Handhabe ge-
boten, den mächtigsten ihrer Gegner in tausend Zeitungs-
artikeln, Placaten, Clubreden, mit einer Fluth von Schimpf
und Hohn zu überschütten, den feigen Tyrannen, der sein
Volk niederkartätschen läßt, dann besiegt elend um Gnade
bittet, und jetzt die ehrlose Stirn mit der deutschen Koaiser-
krone schmücken will — und vor Allem in Baden und Sachsen
hatte sie dadurch die Volksmassen mit rasendem Hasse gegen
den König erfüllt. Als am 23. März die Vertreter der bei
Gagern's Gesandtschaft betheiligten Staaten mit Herrn von
Arnim beriethen, blieben Württemberg, Darmstadt und Nassau
fest auf dem Programm, Baden aber und Sachsen scheuten
vor bestimmten Erklärungen zurück und wollten erst neue
Weisung von ihren Höfen nachsuchen. Dies Alles war wenig
geeignet, den König zu rücksichtslosem und raschem Vorgehen
anzutreiben. Dazu kamen dann bedernkliche Nachrichten aus
Wien. So schwach die Regierung dort auch war, in Deutsch-
land wollte sie keine preußische Hegemonie zulassen, sondern
ihre bisherige leitende Stellung behaupten um jeden Preis.
Auf die Gefahr hin, ihre aufgeregten slavischen Völker tödt-
lich zu beleidigen, erklärte sie sich jetzt germanisch in jeder