156 Die Parteien. 1848
gesandt wurde, der von jeher ein Enthusiast für Polens
Herstellung gewesen, die Polen zu Ruhe und Gesetzlichkeit
ermahnte, aber allen ihren Ausschreitungen mit geduldiger
Ruhe zusah, und die Militärbehörden von jedem energischen
Eingreifen abhielt. Die Schaaren der Sensenmänner wuchsen
also mit jedem Tage, zumal der Erzbischof Przyluski und
nach seinen Weisungen der gesammte polnische Klerus den
bisher meist loyalen Bauern predigte, Polnisch und Katholisch
sei gleichbedeutend; ein Jeder, der nicht zur Revolution trete,
werde von den Preußen zur Ketzerei gezwungen, wer aber die
Sense ergreife, werde nach der Befreiung des Vaterlandes drei
Morgen Acker und eine Kuh und nach seinem Tode die ewige
Seligkeit empfangen. General Willisen ließ sich dadurch nicht
abhalten, mit dem Nationalcomité einen Vertrag zu schließen,
welcher die polnische Streitmacht auf vier Bataillone beschränkte
und jedem eine bestimmte Garnison anwies, insoweit also die
nationale Bewaffnung anerkannte. Die Polen besetzten die
Orte, recrutirten aber unablässig weiter, erpreßten neue Ab-
gaben und setzten die Verdrängung der preußischen Behörden
fort. Unterdessen hatten jedoch die Beschwerden der Deutschen
so viel in Berlin bewirkt, daß ein königlicher Erlaß die vor-
wiegend durch Deutsche bevölkerten Kreise von der Reorgani-
sation ausnahm und sie bald nachher auch dem deutschen
Bunde überwies. Darauf folgte sofort eine donnernde Er-
klärung der Polen, dies sei eine Wiederholung des alten Frevels,
eine siebente Theilung Polens, der sie sich auf Tod und
Leben widersetzen würden. Willisen's Vertrag flog damit in
alle Winde, und auf allen Punkten begann der offene Kampf.
Die Polen entwickelten darin ebenso große Tapferkeit gegen die
Truppen, wie eine rohe Grausamkeit gegen wehrlose Deutsche