Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

162 Die Parteien. 1848 
Der Widerspruch erhob sich aller Orten. Der bayerische 
Vertreter lehnte jede Theilnahme an der Berathung ab. Herr 
von Schmerling aus Wien behandelte den Entwurf mit kühler 
Ironie. Nur mit kleiner Mehrheit beschlossen die Siebzehn, 
ihn dem Bundestag vorzulegen. Dort aber regnete es Pro- 
teste; die Versammlung, obgleich zur Zeit mit neuen, durch- 
weg liberalen Mitgliedern besetzt, war fortdauernd außer 
Stande, sich über die Bildung einer provisorischen Executive 
zu einigen, und gelangte noch weniger zu einem Beschlusse 
über Dahlmann's Entwurf. Wieder wurde anerkannt, daß 
es wünschenswerth sei, dem Parlamente eine Verfassungs- 
vorlage zu machen, aber alle Stimmen fielen der Erklärung 
des Darmstädter Gesandten, Herrn von Lepel, bei, daß dazu 
dieser Entwurf sich nicht eigne. Dahlmann's Arbeit wurde 
nach bundestäglichem Brauch in den Acten eines Ausschusses 
begraben. Als der Entwurf gleich nachher veröffentlicht 
wurde, tobte in der radicalen Presse trotz seiner demokratischen 
Grund= und Wahlrechte ein Sturm der Entrüstung gegen 
den preußischen Erbkaiser. Auch die Fürsten waren empört, 
daß Dahlmann sie in sein Oberhaus mit 161 ihrer Unter- 
thanen einzwängen, und sie von diesen überstimmen lassen 
wollte. Nicht Einer von ihnen wollte sich einer solchen Er- 
niedrigung Preis geben. 1 
Inmitten dieses Hagelwetters von Verwünschungen war 
ein Lichtblick erfreulichster Art für Dahlmann ein an den 
Gesandten Ritter Bunsen gerichteter Brief des Prinzen von 
Preußen, worin dieser den Verfassungsentwurf mit höchster 
Anerkennung, zugleich unter entschiedenem Bekenntniß zum 
constitutionellen System, und mit sachkundiger Kritik der 
Einzelheiten besprach. Seine Bedenken richteten sich überall
	        
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