Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1848 Ansicht des Prinzen von Preußen. 163 
gegen die übertriebene Beschränkung der Regierungsrechte 
in den Einzelstaaten; er fand sie in diesem Umfange nicht 
nothwendig für den großen nationalen Zweck. Für unmög- 
lich erklärte auch er die den deutschen Fürsten im Oberhause 
zugedachte Stellung; ja er fragte, ob es nicht zweckmäßig 
wäre, durch die Einführung eines Wahlkaiserthums die Fürsten 
der großen Reform geneigter zu machen. Den Entwurf im 
Ganzen aber hielt er für eine großartige Erscheinung, für 
ein Meisterwerk an Klarheit, Gediegenheit und Kürze; es 
zeigt sich darin, sagte er, eine Auffassung der neuen deutschen 
Verhältnisse, die nur aus echt deutschem Herzen entsprungen 
sein kann und die Anerkennung des Gesammtvaterlandes 
verdient. 
Aber so schöne Aussicht für die Zukunft dieser Brief 
des preußischen Thronfolgers eröffnete, so trostlos gestaltete 
sich das Bild der Gegenwart für Dahlmann und seine Ge- 
sinnungsgenossen durch eine gleichzeitige Correspondenz mit 
dem Manne, auf den zur Zeit Alles ankam, mit Friedrich 
Wilhelm IV. Derselbe König von Preußen, welchem nach 
kleindeutscher Ansicht die Kaiserkrone zukam, bekannte sich als 
eifriger Verehrer großdeutscher und zugleich mittelalterlicher 
Anschauungen. 
Auf eine Zuschrift des englischen Prinzgemahls hatte 
der König eine Skizze des künftigen Reiches, wie es sich 
seiner Phantasie darstellte, entworfen. Ein Staatenbund 
(also nicht ein Bundesstaat) mit einem Fürstenrath und einem 
Parlament. An die Spitze desselben dürfe nicht, wie Prinz 
Albert gemeint, ein auf Zeit gewählter Kaiser treten, sondern 
ein für alle Male müsse der Kaiser von Osterreich als 
„Ehrenhaupt teutscher Nation“ römischer Kaiser werden; 
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