Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

164 Die Parteien. 1848 
unter ihm stehe ein auf Lebenszeit gewählter „teutscher König“ 
als höchste Reichsobrigkeit, gekürt wie weiland zu Frankfurt 
im Conclave des alten Bartholomäus-Doms, dort acclamirt 
durch das Volk, dann gesalbt und gekrönt, wenn katholisch, 
durch den Erzbischof von Cöln, wenn evangelisch, durch einen 
zu ernennenden Erzbischof von Magdeburg als Primas 
Germaniae. 
Dieses Gemälde theilte der König Dahlmann mit, fast 
in dem Augenblicke, in welchem dieser seinen Verfassungs- 
entwurf zum Abschluß brachte. Dahlmann begleitete darauf 
die Übersendung seines Werkes mit einer ebenso ehrerbietigen 
wie eindringlichen Widerlegung des königlichen Planes. Aber 
der König blieb unerschütterlich. Alles komme darauf an, 
die deutschen Erblande Osterreichs dem neuen deutschen Reiche 
zu erhalten, und dadurch eine unerträgliche Verstümmlung 
des Vaterlandes zu verhüten. Dafür aber sei das einzige 
Mittel die Übertragung der deutschen Kaiserkrone an Osterreich, 
und wenn dieses sich nicht mit einem bloßen Ehrenamte be- 
gnügen wolle, auch der vollen Regierungsgewalt im deutschen 
Reiche. Dann würde er, der König, das Amt eines erblichen 
Reichserzfeldherrn über die außerösterreichischen Truppen in 
Deutschland begehren; er dachte sich dafür die Contingente 
der Mittel= und Kleinstaaten in sechs „Reichswehrherzogthümer“ 
eingeordnet, in deren jedem ein König, Kurfürst oder Groß- 
herzog den Befehl über alle Contingente des Kreises führen 
sollte, eine Erfindung, deren Verwirklichung sicher nicht im 
preußischen, sondern einzig im Interesse der Mittelstaaten, 
und folglich am wenigsten im Interesse der deutschen Einheit 
gelegen hätte. Als Dahlmann ihn nochmals auf die Noth- 
wendigkeit des preußischen Kaiserthums aufmerksam machte,
	        
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