182 Nationalversammlung und Reichsverweser. 1848
tarischer Allgewalt warnte. Darauf bestieg, unter athem-
loser Spannung der Versammlung, Gagern die Tribüne,
und rief nach kurzer Einleitung, in scharf bezeichnetem Gegen-
satze zu seinem Freunde Mathy: ich thue einen kühnen Griff,
und sage Ihnen, wir müssen die Centralgewalt selbst schaffen.
Sofort ein Ausbruch tobendes Beifalls auf der Linken, der
sich weithin bei den Mittelparteien fortsetzte. Gagern sprach
weiter: wir müssen den Reichsverweser aus den höchsten
Sphären nehmen, dann werden die Regierungen sich freuen,
daß wir ihnen die Verlegenheit der Wahl abnehmen. Jetzt
folgte Beifall auf der Rechten und unwilliges Murren der
Radicalen. Viele meinten, Gagern würde mit der Auf-
forderung schließen, den Erzherzog sofort als Reichsverweser
auszurufen; auch haben wir gesehen, daß ihm der Gedanke
nicht fremd war: aber die Haltung der Linken gegen die
Erhebung eines Prinzen und der Arger der Rechten über
den kühnen Griff war doch so augenfällig, daß Gagern den
Vorschlag nicht wagte. In der Sache selbst aber hatte er
den Sinn der Mehrheit getroffen; zwar folgten noch einige
Tage unerquickliches Gezänkes zwischen den Parteien, am
28. Juni aber kam das Gesetz über die Einsetzung der pro-
visorischen Centralgewalt zum Abschluß. Wir wiederholen
uns noch einmal seine wichtigsten Bestimmungen.
Die Centralgewalt, hieß es, hat
1. vollziehende Gewalt zu üben in allen Angelegen-
heiten, welche die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt des
deutschen Bundesstaats betreffen;
2. die Oberleitung der gesammten bewaffneten Macht
zu übernehmen, und namentlich die Oberbefehlshaber derselben
zu ernennen; ·