1848 Wahl des Erzherzogs Johann. 185
schaftsrecht hatte ebenfalls der Bundestag geübt, unbeschadet
des gleichen Rechts der Landesregierungen. Ob dies Ver-
hältniß fortdauern, oder die Einzelstaaten das Gesandtschafts-
recht verlieren würden, darüber ließ der Artikel die Welt
ohne Aufklärung. Um so bestimmter war gerade für dieses
Gebiet die Abhängigkeit der Centralgewalt von der National-
versammlung ausgesprochen, während ein erfahrenes Parla-
ment sich hütet, anders als auf Veranlassung des Ministeriums
in die auswärtigen Fragen einzugreifen. ·
Wie zur Entschädigung hiefür wurde der Reichsverweser
unabhängig von jeder Einwirkung der Landesregierungen ge—
stellt. Er sollte sie anhören, so weit es ihm thunlich erschien.
In welchem Sinne übrigens die Nationalversammlung
selbst den Inhalt ihres Gesetzes auffaßte, bedarf nach dem
bisher Bemerkten keiner weitern Ausführung. Nicht umsonst
hatte Gagern wieder an die Nationalsouveränität als Quelle
parlamentarischer Allmacht erinnert. Man war durchaus der
Meinung, jeden Artikel des Gesetzes im weitesten Umfang zur
Anwendung zu bringen. Darüber, daß das Aussprechen eines
Beschlusses mit seiner Durchführung gleichbedeutend sei, hatte
man keinen Zweifel. Mit jedem Rechte, welches man der
Centralgewalt beilegte, glaubte man auch thatsächlich ihre
Macht über die Einzelstaaten erhöht und damit die deutsche
Einheit befestigt zu haben. Daß der Reichsverweser dabei von
der parlamentarischen Leitung unter allen Umständen abhängig
bleibe, verstand sich der Nationalversammlung von selbst.
Am 29. Juni wurde dann Erzherzog Johann mit über-
wältigender Mehrheit zum Reichsverweser gewählt. Man
setzte seine Annahme der Würde als sicher voraus, obgleich
er so eben erst als Stellvertreter des in Innsbruck weilenden