Colonisation im Osten. 7
gegen das Papstthum fortführten. Man weiß, in welch'
erschütternden Katastrophen sie endlich unterlagen. Der Sieg
des geistlichen Weltmonarchen schien vollständig. Damals
wurde das Wort gesprochen: alle großen Reiche müssen in
Vierfürstenthümer zerfällt werden, damit der gekrönte Priester
über sie Alle regiere.
Es war begreiflich, daß während dieser langen innern
Kriege, die sich zuletzt in zahllose Localfehden zersplitterten,
das Bewußtsein der nationalen Gemeinsamkeit zu keiner Ent-
wicklung gelangte. Norddeutsche und Süddeutsche standen
sich fremd, wie zwei Völker verschiedenes Stammes gegen-
über. Die großen Ritter= und Minnedichtungen der Schwaben
und Bayern blieben im Norden, das Thiermärchen der Nieder-
deutschen blieb im Süden unverständlich. Der kräftig sich
entwickelnde levantinische Handel lag ebenso ausschließlich in
der Hand der Oberdeutschen, wie die heranwachsende Macht
der Hansa im Besitze der niederdeutschen Städte. Nur auf
einem wichtigen Gebiete gelang damals ein erfolgreiches
Zusammenwirken aller deutschen Stämme, in den großen
Colonisationen des Ostens.
Längst war die bayerische Ostmark, das spätere Erz-
herzogthum Osterreich, germanisirt; jetzt folgten, durch die
fremden Landesherren selbst herbeigerufen und begünstigt,
von der abgeneigten einheimischen Bevölkerung oft beneidet
und befeindet, deutsche Niederlassungen in Böhmen und
Mähren, in Schlesien und Siebenbürgen. Noch gründlicher
aber war im Ostseegebiete die Ausbreitung deutsches Wesens
durch erobernden Kampf mit Slaven und Prutenen, unter
fortgesetzter Betheiligung aller deutschen Stämme. Flanderer,
Westfalen, Niedersachsen ergossen sich in die brandenburger