8 Zerfall des Kaiserthums.
Marken, nach Mecklenburg und Pommern; zur Eroberung
Preußens sammelte der deutsche Orden sächsische und schwäbische,
thüringer und fränkische Edelleute, welchen bald ein ent-
sprechender Zuzug von Bürgern und Bauern folgte. Die
frühern Einwohner wurden entweder im Kriege vernichtet
oder durch das Übergewicht der Einwanderung aufgesogen.
Hier gab es keine Stammesbesonderheiten mehr, hier war
einfach deutsches Volk und deutsches Land. Während in der
alten Heimath die politische Zersplitterung immer weiter an-
wuchs, zwang hier in den Colonien der stets von Außen
und Innen drohende Kriegsstand zum Zusammenhalten weiterer
Gebiete und zur Bildung stärkerer Staatsgewalt.
So bedeutend aber diese Erfolge auch waren, Alles blieb
unsicher, so lange der Nation die Herstellung einer geordneten
Verfassung für die Gesammtheit des Reiches nicht gelang.
Hiemit jedoch sah es übel aus. Von der alten Kaiserhoheit
über die ganze Christenheit war keine Rede mehr; Rudolf
von Habsburg und seine beiden Nachfolger waren deutsche
Könige ohne den Prunk des inhaltlos gewordenen Kaisertitels,
und von schwachem Gehalte blieb dieser Titel auch, als ihn die
spätern Regenten wieder zu führen unternahmen. Nicht bloß
in Italien und Burgund, in Ungarn und Polen war es mit
der deutschen Herrschaft vorbei: auch in Deutschland selbst
war die königliche Macht zu tiefer Schwäche herabgebracht
und der Eigenwilligkeit ihrer fürstlichen Vasallen nicht mehr
Meister. Die großen Häuser der Habsburger, Wittelsbacher
und Luxemburger stritten um die Suprematie; jeder Reichs-
stand suchte seine Rechte und Besitzungen auf Kosten seiner
Nachbarn oder Unterthanen auszudehnen; das 14. und
15. Jahrhundert war für Deutschland die Zeit einer allge-