206 Verwicklungen. 1848
und Geschäftsordnungshändeln überboten. Noch auf Monate
hinaus war kein Ende abzusehen, und je gewissenhafter man
zu arbeiten strebte, desto theilnahmloser sah die Bevölkerung
diesem Mühsal der einst so gefeierten Versammlung zu. Es
ist oft unvermeidlich, immer aber ein Schade auch für Parla—
mente, wenn sie dem Rufe der Langweiligkeit verfallen.
Übrigens war es der Nationalversammlung nicht vergönnt,
ihre Sommertage ungestört der Erörterung der Grundrechte
zu widmen. Theils die Linke, theils die auswärtige Politik
veranlaßte Unterbrechungen, welche zwar die Geister wieder
etwas erfrischten, den Zeitverlust aber vermehrten, und den
Hader der Parteien schärften. Zwar herrschte allgemeine
Einstimmigkeit, als man die wunderbaren Verhältnisse Lim—
burgs besprach, welches zugleich deutsches Bundesland und
holländische Provinz war und ganz und gar als solche ver-
waltet wurde; alle Parteien stimmten für einen Beschluß,
welcher die Regelung dieser Zustände für eine Obliegenheit
der deutschen Reichsgewalt erklärte und das Reichsministerium
zu den hier nöthigen Schritten aufforderte. Die schwache
Seite des Beschlusses war nur der Mangel an Zwangsmitteln
zu seiner Durchführung in der Hand des Ministeriums: immer
war jedoch erfreulich die hier bethätigte Gesinnung, daß in
keinem Bundeslande ein fremder Einfluß Anordnungen treffen
dürfe, welche mit den Beschlüssen der deutschen Centralgewalt
in Widerspruch ständen. Darüber gab es keine Meinungs-
verschiedenheit in der Versammlung. Lebhaft aber platzten die
Geister auf einander, als am 25. Juli eine große Polendebatte
die Versammlung bewegte. Die preußische Regierung hatte,
wie wir sahen, den überwiegend deutsch bevölkerten Theil der
Provinz Posen von dem polnischen getrennt und durch den