Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1848 Polendebatte. 207 
damals allein zuständigen Bundestag ebenso wie Ost- und 
Westpreußen in das Bundesgebiet aufnehmen lassen, das Vor- 
parlament aber die Frage, ob hierin eine neue unzulässige 
Theilung Polens liege, der Entscheidung der Nationalver- 
sammlung zugewiesen. Es war kein schönes Zeichen von 
geschichtlichem Wissen, sowie von Rechts= und Nationalgefühl, 
daß eine angestrengte und leidenschaftliche Verhandlung von 
dreitägiger Dauer zur Entscheidung der völlig klaren Frage 
erforderlich war. Seit dem Erlaß des Bundesbeschlusses 
gehörten jene Bezirke zu Deutschland; ihre Bewohner, ganz 
überwiegend deutsches Stammes und beim letzten Aufstande 
von den Polen schmählich mißhandelt, drängten sich in den 
Verband des deutschen Reiches. Zweifellos waren sie also im 
rechtlichen Besitze des activen und passiven Wahlrechts zum Par- 
lament, und ihre Abgcordncten hatten genau denselben Anspruch 
auf Zulassung, wie die Vertreter von Frankfurt, München oder 
Berlin. Dies Alles war so einleuchtend, daß Robert Blum 
einen offenen Widerspruch nicht wagte, sondern sich auf einen 
Antrag beschränkte, die Beschlußnahme auszusetzen, bis die 
Richtigkeit der von Preußen gezogenen Grenzlinie zwischen 
deutschen und polnischen Bezirken durch Commissare der 
Reichsgewalt geprüft sei. Zugleich aber erhob sich die Rede, 
mit der er den Antrag einführte, zu der ganzen Höhe der 
polnischen Frage im weitesten Sinne, zu den Verdiensten 
Polens um die Civilisation und Freiheit Europas im Mittel- 
alter, zu der Verruchtheit des durch die polnischen Theilungen 
vollzogenen Völkermordes, zu Deutschlands heiliger Pflicht 
und dringendem Interesse, sich durch Sühnung dieser Unthat 
einen sichernden Schutzwall gegen Rußland zu erschaffen. 
Sein entschiedenster Gegner war dieses Mal ein sonst sehr
	        
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