Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1848 Wachsen des Parteihasses. 209 
w 
Mehrheit beschlossen, und dann sogar eine Brandmarkung der 
frühern Theilungen Polens, als nicht zur Aufgabe der Ver— 
sammlung gehörig, abgelehnt wurde, war fortan die Linke 
einstimmig der Überzeugung, daß die Mehrheit dieses Parla- 
ments eine Bande finstrer Reactionäre und feiler Despoten- 
knechte sei, und ihre Zeitungen säumten nicht, dieses Urtheil 
durch alle deutschen Gaue zu verbreiten. 
Aber die Erbitterung sollte bald noch giftigeren Charakter 
gewinnen. Am 7. August standen auf der Tagesordnung 
der Nationalversammlung verschiedene Anträge auf Amnestie 
für die politischen Vergehen der neuesten Zeit, für die Theil- 
nehmer an Hecker's und Struve's Aufstand, sowie auf Zu- 
lassung Hecker's, der so eben in einem badischen Wahlkreis zum 
Abgeordneten für das Parlament erwählt worden war. Hier 
also, wo es sich um das eigene Fleisch und Blut der Linken 
handelte, erreichte die Leidenschaft und der Tumult der Ver- 
handlung eine bis dahin unerhörte Höhe. Als der Badenser 
Brentano in die Versammlung hineinschrie: wollen Sie denn 
die badischen Freiheitskämpfer schlechter behandeln als einen 
Prinzen von Preußen? erfolgte ein solcher Ausbruch patrioti- 
sches Zornes bei den preußischen Abgeordneten, daß man dicht 
an einem wilden Handgemenge stand, und die Sitzung unter- 
brochen werden mußte. Am folgenden Tage sprach unter 
gewichtiger Motivirung der Präsident den Ordnungsruf gegen 
Brentano aus, worauf die Linke und die gedrängten Zuhörer- 
massen einen entsetzlichen Lärm erhoben, bis die sonst gegen 
dergleichen sehr nachsichtige Versammlung die Räumung der 
Galerien verfügte. Der ganze Vorgang bildete einen scharfen 
Contrast gegen die Verhöhnung Braun's am 20. Juni: 
Preußen hatte durch das Verbot der Huldigungsparade seinc 
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. I.
	        
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