212 Verwicklungen. 1848
vinz, Graf Brandenburg, mehr als einmal nachdrückliches mili-
tärisches Einschreiten bei der geringsten Unordnung in Aussicht
gestellt hatte. Um so unbefangener trieb die Gassendemagogie
ihr Wesen in Berlin, warf den Ministern die Fenster ein,
bedrohte die gemäßigte Partei der dortigen Nationalversamm-
lung mit persönlicher Mißhandlung bei jeder dem souveränen
Volk unliebsamen Abstimmung, und bewirkte dadurch in der
That ein fortdauernd wachsendes Übergewicht der Linken.
So begreift sich, daß den leitenden Gesinnungsgenossen
in Frankfurt die Möglichkeit einer neuen großen Revolution
gegeben erschien. Allerdings hatte auch hier die Münze ihre
Kehrseite. Je lärmender die Hitzköpfe der Partei die Noth-
wendigkeit des Losschlagens verkündeten, desto entschiedener
wurde in den bürgerlichen Kreisen der Wunsch nach endlicher
Wiederherstellung der Ruhe, gleichviel beinahe unter welcher
Verfassung. Seit dem März stockte Handel und Wandel in
allen deutschen Landen. Niemand hatte Vertrauen auf den
folgenden Tag:; kein Fabrikant oder Kaufmann wagte ein
nicht sofort realisirbares Geschäft; alle Besitzenden hielten ihr
Geld zurück und vermieden jede Luxusausgabe; die kleinen
Handwerker sahen ihre Kundschaft zusammenschmelzen und die
Forderungen ihrer Gesellen wachsen; die Einnahmen der
Fabrikarbeiter sanken bei der Unthätigkeit der Fabriken, trotz
aller Manifeste über die angeborenen Menschenrechte und des
unantastbaren Rechts auf Arbeit und Arbeitslohn. Auf dem.
platten Lande wiederholten sich die Klagen der Städter.
Von Credit war unter den günstigsten Verhältnissen keine
Rede mehr; die Ansprüche und nicht selten die Verwilderung,
der niedern Classen steigerten sich mit den Verlegenheiten der
Besitzer. So lag überall eine drückende Gewitterschwüle über