Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1848 Competenz der künftigen Reichsgewalt. 249 
Die Frage war gestellt. Was wird Osterreich antworten? 
Einstweilen schritt die Nationalversammlung ohne Aufenthalt 
weiter zu der Berathung der künftigen Reichsgewalt, ihrer 
Aufgaben, Rechte und Pflichten. 
Im Allgemeinen kam hier nichts Unerwartetes zu Tage. 
Es waren dieselben Wirkungskreise, welche das große Muster 
des Bundesstaats, die Verfassung Nordamerikas, ihrer Central- 
gewalt beilegt, welche im April 1848 der Siebzehner-Entwurf 
für die Leitung des geeinten Deutschland gefordert hatte, und 
welche jetzt der Ausschuß für die künftigen Reichsbehörden 
beantragte: auswärtige Politik, Kriegsheer und Marine, 
Handels-, Zoll= und Verkehrswesen und die höchste Gewähr 
des innern Friedens. Hierüber gab es nur Eine Ansicht in 
der Versammlung. Sobald man aber zu der Ausprägung 
dieser Grundsätze in specielle Rechtsregeln überging, zeigten 
sich verschiedene Möglichkeiten. Daß die Gesetzgebung und 
Organisation auf jenen Gebieten dem Reiche gebühre, ver- 
stand sich: die Frage aber war, in wie weit den Einzelstaaten 
unter den Reichsgesetzen und nach deren Vorschriften die Ver- 
waltung ihres Heerwesens, ihrer Posten, Eisenbahnen u. s. w. 
zu belassen wäre. Hier schnitten die Anträge des Ausschusses, 
wie bei dem Siebzehner-Entwurf, sehr tief in das Leben der 
Einzelstaaten ein. Das Recht über Krieg und Frieden, das 
Bündnißrecht, das Recht, ständige Gesandtschaften zu unter- 
halten oder zu empfangen, war ausschließlich der Reichs- 
gewalt vorbehalten; alle Truppen der Staaten bilden das 
nach Reichsgesetz einzurichtende Reichsheer; in den Fahnencid 
ist der Eid der Treue gegen das Reichsoberhaupt und die 
Reichsverfassung an erster Stelle aufzunehmen; die Reichs- 
gewalt hat nicht bloß die Oberaufsicht über die Verwaltung
	        
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