250 Die Nationalversammlung und die Mächte. 1848
der Eisenbahnen in den einzelnen Staaten, sie kann auch nach
eigenem Ermessen die Anlage von Eisenbahnen bewilligen, oder
selbst Eisenbahnen, Landstraßen und Canäle anlegen und auf
Reichskosten verwalten lassen; sie kann, wenn es ihr nützlich
erscheint, das gesammte Postwesen übernehmen; das ganze
Reich bildet Ein Zoll- und Handelsgebiet; die Reichsgewalt
verwendet zu den Reichsausgaben zunächst den Ertrag der
Zölle, sodann Matricular-Umlagen, in außerordentlichen Fällen
schreibt sie Reichssteuern aus. Vollends jede Grenze der
Reichsgewalt gegenüber den Einzelstaaten verwischte die
Bestimmung, daß ihr in allen Fällen das Recht der Gesetz-
gebung zustehen solle, wo sie für das Gesammtinteresse
Deutschlands die Begründung gemeinsamer Einrichtungen und
Maaßregeln nothwendig finde. Bei dem Allen zeigte sich
auf's Neue, daß seine Ausführung undenkbar wurde, wenn
das Reich zwei europäische Großmächte in sich schlösse, wenn
insbesondere auf die besondern Verhältnisse Osterreichs Rück-
sicht zu nehmen wäre. Indessen überwog hier die unitarische
Strömung durchaus, und alle jene Anträge wurden trotz der
Einwürfe der Großdeutschen und Particularisten von der
Mehrheit im Laufe des November angenommen. Man schickte
sich darauf an, die Verhandlung über die Organe der Reichs-
gewalt, zunächst über den Reichstag, zu beginnen. Unter-
dessen aber hatte die deutsche Welt ihr Aussehen verändert,
und auch wir müssen unsern Blick von Frankfurt hinüber
nach Berlin und Wien richten.
Unter dem Drucke einer wüsten Straßendemagogie,
welcher ernstlich entgegenzutreten, die schwachen Ministerien
des Sommers nicht wagten, war die Mehrheit der Berliner
Nationalversammlung mehr und mehr unter die Herrschaft der