Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

256 Die Nationalversammlung und die Mächte. 1848 
Förderung ihrer Sache, beinahe einstimmig beschlossen, ohne 
Zögern selbst die Offensive zu ergreifen, und sehr inconstitu- 
tionell, durch eine Deputation an den König einen geharnischten 
Protest gegen die Ernennung eines so verderblichen Ministers 
zu bringen, ehe dieser ein Wort über seine Absichten geäußert 
hatte. Der König, dem ein Mitglied der Deputation, J. Jacoby, 
die Worte zurief: es ist das Unglück der Könige, daß sie die 
Wahrheit nicht hören wollen — schickte die Deputation ohne 
eine Antwort zurück. Der offene Bruch war erklärt. 
Der weitere Verlauf ist bekannt. Am 8. November er- 
schien Wrangel mit seinen Truppen in Berlin; das Cabinet 
war durch eine Anzahl bewährter Fachmänner von gemäßigter 
Gesinnung vervollständigt, und sein Präsident kündigte der 
Versammlung ihre Verlegung nach Brandenburg und ihre 
Vertagung bis zum 27. November an. Die Versammlung 
antwortete durch einen Beschluß, daß das Ministerium zu 
einer solchen Verfügung nicht berechtigt sei, und man fort- 
fahren würde, die Sitzungen in Berlin zu halten. Die Ver- 
suche dazu wurden darauf durch die Truppen meistens ver- 
hindert, und am 12. der Belagerungsstand über Berlin und 
Umgegend verhängt. Hiedurch vollends erbittert, faßte die 
Versammlung fast unter den Augen des zu ihrer Sprengung 
ausgesandten Officiers den Beschluß, daß die Zahlung der 
(früher von ihr bewilligten) Steuern zu verweigern sei. Sie 
hatte sich damit selbst ihr Todesurtheil gefällt. Das Land, 
der fortgesetzten Unordnung gründlich müde, blieb ruhig, und- 
der gesetzwidrige Beschluß ohne alle Wirkung. In Branden- 
burg kam übrigens eine beschlußfähige Versammlung nicht zu 
Stande, so daß der König am 5. December ihre Auflösung 
aussprach, und zugleich aus eigener Machtvollkommenheit eine
	        
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