1848 Verhandlung zwischen Preußen und Bayern. 257
Verfassung verkündigte, welche mit geringen Änderungen sich
genau an die Arbeit der Verfassungscommission der National-
versammlung anschloß, mithin sehr constitutionell, sehr parla-
mentarisch, sehr demokratisch war. Für's Erste war also von
Erdrückung der Freiheit noch keine Rede; im Gegentheil,
mehrere Verordnungen desselben Tags setzten wichtige Reformen
im Justizwesen nach liberalen Grundsätzen fest. Zugleich
wurden Wahlen zu den Kammern nach allgemeinem Stimm-
recht zur Revision der verkündigten Verfassung angeordnet.
Ohne Blutvergießen hatte die Regierung einen voll-
ständigen Sieg errungen. Die Staatsgewalt Preußens stand
wieder fest auf eigenen Füßen, völlig in der Lage, nach Außen
hin überall die ganze Kraft des Landes für ihre Entschlüsse
einzusetzen. Dies galt vor Allem von der deutschen Frage.
Wie wir wissen, war bis dahin der König von dem
Gange der deutschen Dinge wenig erbaut gewesen. Nachdem
die Erhebung des Reichsverwesers ihn schwer gekränkt, hatte
das Verhalten der Frankfurter in Bezug auf Schleswig-
Holstein seine Stimmung nicht verbessert. Schon Anfang
September kam er in einem Briefe an seinen Neffen, den
König Max von Bayern, auf seinen Lieblingsgedanken zurück,
daß alle deutschen Könige zu einem Collegium zusammen
treten müßten, welches gemeinsam mit dem Erzherzog „die
höchste Obrigkeit Teutschlands“ darzustellen hätte. In einem
weitern Schreiben, einige Wochen später, schärfte er den
Ausdruck dahin, daß das Königscollegium gegen die Usur-
pation der jetzigen und künftigen Centralgewalt, gegen Haupt
und Reichstag Front machen würde:).
1) Heigel, Allg. deutsche Biographie, 21, 44.
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches I. 17