Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

258 Die Nationalversammlung und die Mächte. 1848 
Man ist immer von Neuem erstaunt bei jeder Wieder- 
kehr dieses damals ganz antipreußischen Gedankens, die 
fürstlichen Freunde zurückzustellen und die königlichen Gegner 
zu begünstigen. Legitim waren die deutschen Herzoge so gut 
wie die Könige, und auch der Unterschied der Macht zwischen 
Württemberg und Baden, zwischen Hannover und Kurhessen 
war nicht erheblich. Allein Friedrich Wilhelm war fortdauernd, 
wie es scheint, durch die früher erwähnte Vorstellung von 
der besonderen mystischen Begabung jedes Trägers einer 
königlichen Krone erfüllt. 
Wie dem nun auch sei, in München wurden die Vor— 
schläge des Königs mit Freude, aber ohne festes Vertrauen 
vernommen. Als vollends im October in der Paulskirche die 
Berathung der Reichsverfassung begann, und aus Gagern's 
Vorschlag wie aus Dahlmann's Paragraphen sowohl die 
Ausschließung Osterreichs wie die preußische Spitze hervor— 
leuchtete, rührte sich wieder der Argwohn eines heimlichen 
Zusammenwirkens zwischen Berlin und Frankfurt in voller 
Stärke. König Wilhelm von Württemberg, der noch ebenso 
ehrgeizig, rührig und listig wie vor zwanzig Jahren war, 
hatte den Wunsch, im neuen Reiche Bundesfeldherr zu werden, 
erhielt dafür von Bayern freundliche Worte, versprach seiner- 
seits, mit König Max alle Mittel zur Verhinderung eines 
deutschen Kaiserthums anzuwenden, und beide Fürsten nahmen 
Abrede, durch eine unmittelbare Interpellation in Berlin sich 
Gewißheit zu verschaffen, in wie weit Friedrich Wilhelm's 
Vorschlag eines Königscollegiums ernst gemeint oder nur ein 
Vorwand zu ihrer Einschläferung sei. Demnach legte der 
bayerische Gesandte am 22. November dem preußischen 
Minister den Entwurf eines Vertrags zwischen den drei
	        
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