Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

260 Die Nationalversammlung und die Mächte. 1818 
erwidert, daß Preußen einc Verhandlung über die Errichtung 
eines Directoriums zur Zeit noch als verfrüht erachte. Den 
beiden süddeutschen Königen schien damit der Beweis für 
Preußens ehrsüchtiges Streben erbracht, und in flehentlichen 
Gesuchen wandten sie sich an Osterreich um Schutz gegen 
die gefährliche Berlin-Frankfurter Verschwörung. 
Niemals hatte es nun einen grundloseren Verdacht ge- 
geben. Gerade in der letzten Zeit war Friedrich Wilhelm 
weniger als je von den Thaten der Paulskirche erbaut 
gewesen. Die deutsche Nationalversammlung hatte wie bei 
der Wiener Revolution so auch bei der Einsectzung des 
Ministeriums Brandenburg der Meinung gelebt, daß ein 
so wichtiger Vorgang nothwendig von ihrer Meinungs- 
äußerung zu begleiten sei, und hatte einen vermittelnden Be- 
schluß gefaßt, Preußen müsse ein volksthümliches Ministerium 
erhalten, aber die von dem Berliner Parlament verfügte 
Steuerverweigerung bestehe nicht zu Recht. Die einzige 
Wirkung des Beschlusses bestand darin, daß die Berliner 
Demokraten darüber wütheten, und die preußische Regierung 
ihn unwillig zu den Acten legte. Zugleich eilte wie nach 
Olmütz so auch nach Berlin ein Reichscommissar mit gleich 
nichtigem Erfolg. Als indessen die Verhandlung über die 
Compctenz der Reichsgewalt zu Ende ging, und die Er- 
örterung über die Gestalt der Reichsregierung nahe bevor- 
stand, hielt es Gagern für angczeigt, zur Erkundung der 
Verhältnisse selbst nach Berlin zu reisen, wo er dann am 
24. November, also fast gleichzeitig mit dem bayerischen Antrag 
eintraf. Er kam ohne Vollmacht vom Reichsverweser oder 
vom Parlament, wurde aber trotz seines Drängens auf ein 
liberales Ministerium von dem Könige gnädig empfangen.
	        
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