Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1848 Gagern in Berlin. 261 
Er trug ihm vor, daß im Parlamente die Wahl Friedrich 
Wilhelm's zum deutschen Kaiser als wahrscheinlich, ja fast 
als gewiß zu betrachten sei, wenn der König jetzt schon die 
Annahme der Krone und der Verfassung zusichere. Der König 
hatte die entgegengesetzte Absicht bereits gegen Dahlmann und 
Bunsen ausgesprochen; er blieb auch jetzt dabei, daß er sich 
nicht im Voraus binden könne; stets habe er, gegenüber der 
revolutionären Allmacht des Parlaments, an dem Grundsatz 
der Vereinbarung der Verfassung mit den Regierungen fest- 
gehalten; das Parlament habe kein Recht, eine Krone zu 
verschenken; das sei ohne Zustimmung der Fürsten ein Act 
der Revolution. Gagern verschlimmerte die Sache durch die 
Bemerkung: Sie wollen die Zustimmung der Fürsten; gut, 
die sollen Sie haben. Der König sah darin die Absicht, die 
Fürsten durch Aufstände zur Anerkennung zu zwingen, und 
beharrte um so fester auf seinem Standpunkte, seine Ent- 
scheidung sowohl vom Ausfall des ganzen Verfassungswerkes, 
als von der Verständigung mit den übrigen Fürsten abhängig 
zu machen. Das schwungvolle Auftreten des von einer Revo- 
lution emporgetragenen Mannes blieb dem Könige unheimlich, 
immerhin hatte dessen stattliche Haltung, welche eine volle 
und redliche Hingebung an die Sache aussprach und zugleich 
den Schein einer ungewöhnlichen politischen Begabung er- 
weckte, einen starken Eindruck auf ihn gemacht, eine Mischung 
von Bewunderung und Widerwillen. Beim Abschied umarmte 
er ihn und nannte ihn seinen Freund; hoffentlich, sagte er 
später zu Bunsen, werde ich seine Freundschaft nie bedürfen. 
Zugleich hatte der Besuch im Allgemeinen die Wirkung, die 
preußische Mißstimmung gegen die Nationalversammlung 
einiger Maaßen zu mildern; man hatte sich überzeugt, daß
	        
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