1848 Zerrüttung Österreich's. 263
zu einem neuen Waffengange herzustellen. Die slavischen
Völker Osterreichs prunkten in diesem Augenblick mit höchster
monarchischer Loyalität, jedermann aber wußte, daß ihr
letzter Zweck die Herstellung eines selbständigen, nur durch
Personalunion mit Osterreich verbundenen Böhmen, Croatien,
Galizien war. Dabei lagen die Finanzen des Reiches in tiefer
Erschöpfung, und unter den schwachen Ministerien des Sommers
und bei dem Stumpfsinn des Kaisers waren Bürger und
Bauern verwildert und die Verwaltungsbehörden in halber
Auflösung begriffen. Bis in die kaiserliche Familie selbst
war die Zerrüttung gedrungen, am Hofe machte man kaum ein
Geheimniß aus dem Verdachte, daß Erzherzog Stephan nach
einem selbständigen Königthum in Ungarn gestrebt, daß Erz-
herzog Johann die Würde des deutschen Reichsverwesers, die
er ohne Rückfrage beim Kaiser angenommen, mit dem Plane
ergriffen habe, deutscher Kaiser zu werden, und dann die
deutsch-österreichischen Lande dem neuen Reiche einzuverleiben.
Zwar hatte er Peucker's Huldigungsparade nach Latour's
Beschwerde auf der Stelle verläugnet; in Olmütz aber traute
man ihm auch jetzt in keiner Beziehung!).
So war die einzige Stelle in dem weiten Staatswesen,
wo es noch festen Boden und starkes Selbstbewußtsein gab,
die in der Lombardei, in Prag und jetzt in Wien sieg-
reiche Armee. Ihre Führer, Fürst Windischgrätz, Marschall
Radetzky und der Banus Jellacic, hatten sich auch der Re-
gierung gegenüber längst an volle Eigenmächtigkeit gewöhnt;
jetzt begehrten sie mit großem Nachdruck die Einsetzung eines
Regiments nach ihrem Sinne, das Ende der furchtsamen
1) Der preußische Gesandte berichtet wiederholt über diese Dinge.