14 Erhebung Esterreichs.
Für die ganze folgende Entwicklung der deutschen An—
gelegenheiten ist nun der Umstand entscheidend geworden,
daß zur Lösung einer solchen Aufgabe nicht eine einzige
Dynastie sich erhob, sondern daß neben einander zwei Staaten,
beide in dem alten Colonistenland des Ostens gegründet,
Osterreich und Preußen, rivalisirend zu einer Machtstellung
heranwuchsen, welche ihnen den Anspruch auf die Führung
der gesammten Nation ermöglichte.
Zuerst erhob sich in den nächsten hundert Jahren nach
dem westfälischen Frieden Osterreich.
Zu den alten Erblanden Habsburgs, die von jeher
Theile auch des deutschen Reiches gewesen, traten in Folge
der großen Siege des Prinzen Eugen ganz Ungarn mit seinen
Nebenlanden, Belgien und die Lombardei hinzu; später folgte
die Erwerbung Toscanas und Modenas als Secundogenituren
des Kaiserhauses, endlich Galizien als Beutestück aus der
ersten polnischen Theilung. Es war eine Ländermasse, welche
Osterreich in die erste Linie der europäischen Großmächte
emporhob, und selbst den vereinten Kräften der übrigen
deutschen Reichsstände weit überlegen erscheinen ließ. Demnach
hatte man in Wien das Bewußtsein, daß man in der Lage
sei, alle Ansprüche des alten römischen Kaiserthums deutscher
Nation zu erneuern; da der Titel dieser höchsten Würde aller
Christenheit seit drei Jahrhunderten in Habsburgs beinahe
erblichem Besitze war, so erschien jede Auflehnung gegen
dieselbe den Staatsmännern der Hofburg als strafbare Rechts-
widrigkeit. Zwar konnte man nicht mehr wie in den Tagen
Kaiser Karl's V. verkünden, daß alles Erdreich Osterreich
unterthan sei, aber wenigstens der Kern des alten Imperium,
Deutschland und Italien, sollten die kaiserliche Oberhoheit auch