1848 Parlamentsbeschlüsse über die Reichsgewalt. 267
zur Hälfte von den Regierungen, zur Hälfte von den Kammern
der Einzelstaaten zu ernennen, übrigens aber so wenig wie
die Abgeordneten des Volkshauses an Instructionen zu binden
seien. Der Reichstag erhielt die gewöhnlichen parlamentarischen
Rechte in weitestem Umfang, so zwar, daß dem Volkshause
gegenüber dem Staatenhause, und dem Reichstage gegenüber
der Reichsregierung die überragende Stellung zugedacht war.
In Budgetsachen sollte das Staatenhaus nur eine berathende,
das Volkshaus allein die entscheidende Stimme haben. Jedes
Haus hatte das Recht, einen Minister wegen seiner Amts-
führung als Angeklagten vor das Reichsgericht zu senden;
eine Bestimmung, daß dies einzig wegen rechtswidriger und
nicht auch wegen unzweckmäßiger Handlungen statthaft sei,
wurde nicht beschlossen. Die Gesetzgebung sollte durch den
Reichstag in Gemeinschaft mit dem Reichsoberhaupte erfolgen.
Ein Reichsrath, aus Bevollmächtigten der Fürsten gebildet,
würde die Gesetzentwürfe begutachten, aber nur berathende
Stimme haben. Im Falle einer Meinungsverschiedenheit
zwischen Reichsoberhaupt und Reichstag würde ein in drei
Sitzungen wiederholter Reichstagsbeschluß auch ohne die
Zustimmung des Reichsoberhauptes Gesetzeskraft erhalten,
oder, wie man dies nach französischem Sprachgebrauch
bezeichnete, das Reichsoberhaupt würde nicht ein absolutes,
sondern nur ein suspensives Veto haben. Hiemit war, mochte
das Reichsoberhaupt später noch so reich mit Titel und
Rechten decorirt werden, als der eigentliche Träger der natio-
nalen Souveränität nicht der Kaiser, sondern der Reichstag,
und in diesem wieder zunächst das Volkshaus verkündet.
Dies stimmte vortrefflich zu Gagern's erster Präsidialrede in
der warmen Frühlingsluft vom 18. Mai, aber sehr wenig