Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

Ansprüche und Mittel. 15 
ferner anerkennen. Demnach hielt man aus der Erbschaft 
des alten Reiches die erste Grundlage desselben, die Ver- 
schmelzung mit der römischen Kirche, unerbittlich fest. Seit 
dem ersten Tage der Reformation hatte Habsburg an der 
Ausrottung des Protestantismus gearbeitet, und noch die 
humane Maria Theresia war überzeugt, ein Protestant sei 
gefährlicher als ein Jude, und eine gedeihliche Staatsordnung 
nur auf dem Boden der allerheiligsten römischen Kirche möglich. 
Hienach erfreute sich der katholische Klerus in Osterreich der 
höchsten Ehren, eines colossalen Reichthums und einer bevor- 
zugten Stellung in den ständischen Versammlungen; er be- 
herrschte den Unterricht und handhabte eine strenge Bücher- 
censur. Dafür ließ er es sich gerne gefallen, daß der Staat 
sich durch tiefgreifende Hoheits= und Aufsichtsrechte des steten 
Beistandes der Kirche auch für seine politischen Zwecke ver- 
sicherte, und das feste Zusammenhalten beider Mächte die 
Unterwürfigkeit des Volkes verbürgte. Dieses Verhältniß 
wirkte dann auch kräftig auf die Beziehungen des Kaisers zu 
dem deutschen Reiche zurück. Die hohe Prälatur der deutschen 
Bisthümer und Stifter war stets bereit, bei der Wahl und 
der Politik ihrer Landesherren den Wünschen des so trefflich 
gesinnten Hofes Gehör zu geben. Eine ansehnliche Zahl 
katholischer Reichsstädte folgte mit Eifer diesem Beispiele. In 
gleicher Weise lockte die glänzende Stellung, welche auch der 
weltliche Adel in Osterreich einnahm, fortdauernd deutsche 
Grafen und Reichsritter in den kaiserlichen Dienst, und knüpfte 
dadurch zahlreiche erlauchte Geschlechter an das kaiserliche Inter- 
esse. Auf andere Stellen wirkte die dem Kaiserthum noch ver- 
bliebene Jurisdiction, sowie der Rest seiner Reservat= und Lehn- 
rechte ein. Genug, es bestand eine durch alle Theile Deutsch-
	        
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