286 Die Frage des Reichsoberhaupts. 1849
Regierung seit Wochen beschäftigt, den Weg zu finden, auf
dem ohne revolutionäre Schritte eine Verschmelzung der
preußischen und deutschen Interessen zu erreichen wäre. Es
verlohnt sich, diese Erwägungen etwas näher in das Auge
zu fassen: denn ohne Zweifel war bei dem innern Verfall
der Nationalversammlung und bei der Unfertigkeit der öster-
reichischen Restauration jetzt Berlin die Stelle, auf der über
die nächste Zukunft Deutschlands die Entscheidung gefällt
wurde.
Um die Mitte des Monats Januar hatte Graf Bran-
denburg den preußischen Bevollmächtigten Camphausen aus
Frankfurt, und der König seinen vertrauten Freund Bunsen
aus London nach Berlin berufen. Als die Herren anlangten,
lief auch ein Bericht des Grafen Bernstorff aus Olmütz ein,
dahin lautend, daß Fürst Schwarzenberg trotz der Ein—
wendungen der preußischen Minister in allen Stücken auf
seinem Standpunkte beharre, die Frankfurter Versammlung
bändigen oder sprengen, die Kleinstaaten mediatisiren wolle,
und sich mit den süddeutschen Königen vollständig geeinigt
habe, weil diese sonst, behaupte er, sich aus Angst vor
Preußen an Frankreich gewandt und ihm einen neuen Rhein-
bund vorgeschlagen hätten. Die Minister waren einig mit
Camphausen und Bunsen, daß unter solchen Umständen von
jeder engern Gemeinschaft mit Osterreich und den Königen
abzusehen sei. Statt dessen setzte Camphausen ein Circular-
schreiben an alle deutschen Regierungen auf, des Inhalts, daß
Alles auf ein Einverständniß der Nationalversammlung mit
den Regierungen ankomme; man müsse hoffen, daß das Par-
lament auf die Wünsche der Fürsten hören werde, die letztern
sollten deshalb sämmtlich durch ihre Bevollmächtigten in