296 Die Frage des Reichsoberhaupts. 1849
Amendements ab. Noch drei weitere Regierungen waren
unterdeß hinzugetreten, und am 24. konnte Camphausen dem
Reichsministerium die gemeinsamen Anträge von 29 deutschen
Staaten überreichen, welche Gagern dann sofort dem die
zweite Lesung vorbereitenden Ausschuß des Parlaments über-
wies. Hier aber standen dem preußischen Bevollmächtigten
neue Enttäuschungen bevor. Wie vorher bei seinem Könige,
hatte er jetzt bei dem Parlamente die Erfahrung zu machen,
wie unsicher der Boden für sein vermittelndes Bestreben war.
Anstatt der erhofften Annäherung mußte er jeden Tag die
Spannung wachsen, die Trennung sich erweitern sehen.
Als das Parlament am 15. Februar in die Berathung.
des Wahlgesetzes eintrat, zeigte sich sehr bald, daß das System
des allgemeinen gleichen Stimmrechts, aus welchem die Ver-
sammlung selbst hervorgegangen war, auch für die künftige
Verfassung den Platz behaupten würde. Die Linke erhob
sich dafür geschlossen und eifrig; ein großer Theil der Oster-
reicher und Großdeutschen freute sich, durch ein so demo-
kratisches Wahlgesetz dem Könige von Preußen die ganze
Verfassung ekelhaft zu machen; andrerseits schien es vielen Mit-
gliedern der Kaiserpartei unmöglich, einen großen Theil der
eigenen Wähler für die Zukunft des Stimmrechts zu berauben,
und entscheidend wurde schließlich der Umstand, daß die
Gegner der demokratischen Forderung nicht im Stande waren,
sich über einen gemeinsamen Gegenantrag zu verständigen.
Am 20. siegte die Linke mit einer ansehnlichen Mehrheit,
und setzte gleich nachher auch die geheime Stimmabgabe trotz
alles Widerstandes der Centren durch. Etwas Schlimmeres
hätte für das Verhältniß zwischen Frankfurt und Berlin
nicht geschehen können. Allen Conservativen erschien damals