1849 Antwort des Königs an die Kaiserdeputation. 309
Die ganze Entwicklung der deutschen Geschichte in den
nächsten zwei Jahren war in diesen Worten vorgezeichnet.
Am 3. April gab darauf der König der mit großer
Pracht und Feierlichkeit empfangenen Deputation die Tags
zuvor festgesetzte Erklärung: er erkenne in dem Beschlusse der
Nationalversammlung die Stimme des deutschen Volkes; dieser
Ruf gebe ihm ein Anrecht, das er zu schätzen wisse; aber er
könne ohne das freie Einverständniß der deutschen Regierungen
keinen Eutschluß von solcher Bedeutung für alle deutschen Staaten
fassen; an den Regierungen also werde es jetzt sein, in gemein-
samer Berathung zu prüfen, ob die Verfassung dem deutschen
Volke fromme und eine kräftige Reichsregierung möglich mache.
Es war dies, wie deutlich ist, kein Ja und kein Nein,
sondern ein Aufschub der Antwort bis nach näherer Prüfung
der Verfassung und Anhörung der deutschen Fürsten. Es ist
sonst nicht ungewöhnlich in dieser Welt, daß jemand, dem eine
schwierige und gefahrvolle Stellung angeboten wird, Bedenk-
zeit zu eigener Erwägung und Rücksprache mit seinen Freun-
den begehrt, und so hätte die Deputation dem Parlamente
auch in diesem Falle berichten können: einige ihrer Mitglieder,
Dahlmann, Rießer und Biedermannt), neigten denn auch
dahin, mehr oder weniger in diesem Sinne zu verfahren,
und durch eine vorsichtige Außerung Zeit für eine günstigere
annehmen. Wie ein solches Mißverstehen möglich war, ob durch un-
deutlichen Ausdruck Brandenburg's oder durch unrichtige Auffassung
Beseler's, lasse ich dahingestellt. Gewiß aber ist, daß wenige Stunden
nach der königlichen Sitzung der Minister nicht jenen Sinn hat zum
Ausdruck bringen wollen, und daß der König bereits am 2. die am 3.
gegebene Antwort beschlossen hat. Die zahlreichen Geschichten von
dem Grunde seiner angeblichen Sinnesänderung fallen damit von selbst
zusammen.
) Isler, Rießer's Leben, 462.