310 Die Katastrophe. 1849
Wendung zu gewinnen. Allein der Mehrzahl schien es
nöthiger, vor allen Dingen das Princip zu wahren, und das
Princip hieß Souveränität der Nationalversammlung und
Endgültigkeit und Unabänderlichkeit der von ihr beschlossenen
Verfassung. Obgleich der Minister von Manteuffel noch ein-
mal Georg Beseler dringend aufgefordert hatte, nicht alle
Brücken zu weiterer Unterhandlung abzuwerfen, schrieben sie
am 4. April dem Ministerium, da der König die Verfassung,
auf deren Grund ihm die Kaiserkrone angeboten sei, nur als
einen der Revision bedürftigen Entwurf betrachte, müßten sie
seine Antwort als Ablehnung ansehen.
Charakteristisch war auch in dieser Krisis das Verhalten
der beiden Großmächte.
Fürst Schwarzenberg rief am 5. April die österreichi-
schen Abgeordneten aus der Paulskirche ab: für ihn war die
Nationalversammlung nicht mehr vorhanden. Zugleich ver-
kündete er dem Reichsministerium, Kaiser Franz Joseph wieder-
hole seine Erklärung, daß er sich im deutschen Bunde nie
einem andern Fürsten unterwerfen werde; ebenso werde er
in Osterreich auch niemals einer fremden Gesetzgebung Gel-
tung verstatten. Natürlich zog der Fürst hieraus nicht die
Folgerung, daß Osterreich dem deutschen Bundesstaate nicht
beitreten könne, sondern daß Deutschland seine Einrichtungen
nach Österreichs Vorschriften zu treffen habe
Dagegen begann die preußische Regierung an demselben
Tage, an dem sie jene schneidige Antwort der Frankfurter
Deputation erhielt, einen neuen Versuch zur Verständigung
über die Verfassungsfrage. Eine vom 3. April datirte
Circulardepesche an Camphausen und sämmtliche Gesandt-
schaften in Deutschland erklärte zunächst die Bereitwilligkeit