Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

312 Die Katastrophe. 1849 
gezeichneten Verfahren, eine Weisung nämlich an die Gesandten, 
von jenen drei Punkten zunächst nur den ersten, die Ober- 
hauptsfrage, sowie den Beitritt zu einem von Preußen 
geleiteten Bundesstaate bei den Regierungen zur Sprache zu 
bringen, der Erörterung aber der Verfassungsfrage mit dem 
unläugbaren Satze auszuweichen, daß die Verfassung von dem 
Umfang des Bundes abhängig sei, und folglich erst nach 
dessen Feststellung erwogen werden könne. Camphausen, der 
in Frankfurt [für einen zugeknöpften kalten Diplomaten von 
schwachem Interesse für die deutsche Frage galt, hatte in 
Wahrheit den lebhaften Wunsch, daß eine nationale Verfassung 
zu Stande komme, und weiter, daß, wenn diese Hoffnung 
vereitelt werde, dann wenigstens nicht auf Preußen die Schuld 
des Schiffbruchs falle. Der König hatte seine Antwort von 
den Außerungen der Fürsten abhängig gemacht: jetzt wurden 
diese, unter Hinausschieben der Verfassungsfrage, zur Er- 
klärung ihrer Absichten aufgefordert. Am 10. April ging 
die nach Camphausen's Antrag beschränkte Weisung an die 
Gesandten ab; am 15. erhielt Camphausen selbst eine vom 
Könige genehmigte Instruction gleiches Sinnes, und eilte 
damit nach Frankfurt, um dort mit den Reichsministern und 
den Bevollmächtigten der Einzelstaaten die Verhandlung zu 
eröffnen. Der König hatte bis dahin keine Einwendung ge- 
macht; er konnte denken, daß Camphausen's Vorschläge sich 
wenigstens für's Erste in einer Richtung bewegten, welche 
dem innersten Gedanken Friedrich Wilhelm's entsprach. 
Freilich wäre Camphausen wohl stutzig geworden, wenn ihm 
der König die Formel dieses seines Gedankens mitgetheilt 
hätte, wie er sie damals Bunsen eröffnete: „Ich habe jetzt 
nur zwei Ambitionen: 1. durch die Könige und Fürsten
	        
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