Der große Kurfürst. Die ersten Könige. 19
gegen die Privilegien der Stände, und erzwang sich freie
Verfügung über die Militär= und Steuerkräfte der Provinz.
So ging es weiter in Brandenburg, so auch in Cleve und
der Grafschaft Mark. Das erste und letzte Augenmerk war
die Bildung eines stets schlagfertigen Heers; seit Jahr-
hunderten hatte keine höhere Gewalt für die Sicherheit Nord-
deutschlands gesorgt, und er hatte gelernt, daß man vor
Allem das Leben schützen müsse, und dann erst nachdenken
möge, wie man besser leben könne. So brachte er es dahin,
die seit Gustav Adolf zur Großmacht herangewachsenen
Schweden aus Brandenburg und Preußen hinauszuwerfen,
und selbst dem damaligen Lenker Europas, Ludwig XIV.,
den bewaffneten Arm und eine trotzige Stirn entgegen zu
halten. Sein Sohn Friedrich errang sich auf Grund dieser
Verdienste die Königskrone in Preußen, und dessen Nach-
folger, Friedrich Wilhelm I., wurde darauf der Gründer des
ersten modernen Staats in Deutschland. Er war eine Natur,
in welcher Abstoßendes und Imponirendes, Rohes und Ehr-
würdiges dicht neben einander lagen. Nach seinem perfön-
lichen Auftreten ein derber und ungebildeter Bauer, ein Tyrann
in seinem Hause, ein Despot in seinem Staate, jähzornig
bis zur Verrücktheit: seine Herrschaft wäre zum Fluch des
Landes geworden, hätte er nicht seine unbegrenzte Gewalt
mit einem seltenen Talente für die Verwaltung, mit einer
rastlosen Arbeitskraft und einer unverbrüchlichen Pflichttreue
vom ersten bis zum letzten Tage dem Dienste des Gemein-
wohls gewidmet. Hier wurden denn der Sonderstellung der
Provinzen und dem Überwuchern der ständischen Rechte wirk-
same Schranken gesetzt. Der König vernichtete die ständischen
Corporationen nicht, aber er stellte sie unter die durchgreifende