1849 Preußens definitive Ablehnung der Reichsverfassung. 317
magyarischen Offensive bloß gestellt erschien. Wer hätte
Preußens Vorgehen hindern sollen?
Aber wenige Stunden nach jenem Schreiben Beckerath's
fiel die Entscheidung gegen ihn, gegen Camphausen, gegen
Deutschlands Einheit. Denn der König gehörte eben nicht
zu den gewöhnlichen Menschen, welche in jenen Zuständen
einen Vortheil für die preußische Macht erblickten. Ihm war
der Gedanke abscheulich, daß sich die künftige Größe Preußens
nicht auf einen Bruderbund der deutschen Fürsten, sondern
auf die Siege der magyarischen Rebellen, auf die Umtriebe
der sächsischen Republikaner, auf das Drängen der schwäbi-
schen und hannoverischen Volksvertretung gründen sollte. Auch
in der zweiten preußischen Kammer stand damals ein Antrag auf
der Tagesordnung, die Rechtsbeständigkeit der Reichsverfassung
anzuerkennen. In den Augen des Königs war dies wieder eine
Umkehrung von Unten und Oben, eine Auflehnung gegen seine
tiefsten Uberzeugungen: plötzlich befahl er am 21. April dem
Grafen Brandenburg, im Namen der Staatsregierung die
Ablehnung der Reichsverfassung der Kammer anzukündigen.
Es war die Vernichtung, und leider die von preußischer
Hand vollzogene Vernichtung aller Hoffnungen, an welchen
das Herz der Nation seit einem Jahre gehangen hatte. Die
Könige athmeten auf: jetzt meinten sie, der fortdauernden
Zersplitterung Deutschlands und damit der Erhaltung ihrer
Souveränität versichert zu sein, und konnten noch dazu vor
der Nation sich die Hände in Unschuld waschen, und sogar
in Klagen ausbrechen, daß die Verfassung durch Preußens
Ablehnung unausführbar geworden sei. Camphausen war
außer sich. Auf der Stelle reichte er seine Entlassung ein.
Er fragte, was denn in den sechs Tagen, seit dem 15., wo