Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

318 Die Katastrophe. 1849 
man ihm eine Verständigung mit dem Parlamente aufgetragen, 
vorgefallen sei, um sich am 21. zum völligen Bruch genöthigt 
zu sehen? Warum durch Überstürzung dieses Bruchs die 
Königreiche von dem offiziellen Eingeständniß ihres Sonder- 
thums entbinden? Warum sich selbst vor der Welt mit der 
Schuld des großen Schiffbruchs beladen? Die Antwort, 
welche er darauf von dem Minister des Auswärtigen, Grafen 
Arnim, erhielt, ist äußerst charakteristisch. „Bei längerem 
Schweigen, hieß es darin, hätte man uns der Unsicherheit 
und Unaufrichtigkeit geziehen. Wir durften die Annahme 
nicht auffkommen lassen, daß nach Entscheidung der Ober- 
hauptsfrage wir bereit seien, uns mit dieser Verfassung an 
die Spitze zu stellen. So lange darüber Ungewißheit waltete, 
hätten sich die königlichen Regierungen über die Oberhaupts- 
frage auch schwerlich erklärt, wenn nicht die Einwirkung der 
Revolution, deren Begünstigung von Frankfurt her nur zu 
sehr zu besorgen war, angewandt werden sollte. Es stand 
zu befürchten, daß die Regierungen durch die wachsende Auf- 
regung im eigenen Lande zu einer unfreiwilligen Erklärung 
gezwungen werden würden. Dies konnten wir, abgesehen 
vom Unrecht, auch im eigenen Interesse Preußens nicht 
wünschen, konnten es nicht darauf ankommen lassen."“ 
Camphausen hielt hienach sein Entlassungsgesuch aufrecht, 
indem er bemerkte, in dem Entschlusse, die andern Regierungen 
vor einem moralischen Zwange zu schützen, liege allerdings 
sehr viel Großmuth; er müsse aber bedauern, dies Gefühl 
nicht zu theilen, da er niemals hätte annehmen dürfen, daß 
die deutschen Regierungen sich völlig freiwillig und nur um 
der deutschen Einheit willen einem Bundesoberhaupte unter- 
werfen würden. Er verließ Frankfurt am 1. Mai.
	        
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