1849 Bundesstatut und Verfassungsentwurf vom 26. Mai. 335
derselben werden. Sollte also der Süden, und namentlich
Bayern, bis zu dem Zeitpunkte der Einberufung des ersten
Reichstags noch nicht beigetreten sein, so müßten beide Re-
gierungen das Recht erneuerter Verhandlung zum Zweck der
Umgestaltung der Verfassung sich vorbehalten.
Nach dem Wortlaut dieses Documents konnte man seinen
Inhalt dahin verstehen, daß die beiden Höfe sich an das
Bündniß und die von demselben vorgelegte Verfassung nicht
länger gebunden halten würden, wenn zur Zeit der Reichs-
tagswahlen Bayern und Württemberg nicht beigetreten wären.
Eine solche Interpretation der Erklärung erschien jedoch der
preußischen Regierung unmöglich. Ein Vorbehalt dieser Art
war bei der Unterzeichnung des Bündnisses und der übrigen
Schriftstücke weder gemacht noch angemeldet worden: seine
nachträgliche Einreichung konnte an der bindenden Kraft der
von beiden Höfen genehmigten Documente zweifellos nichts
ändern. Mit diesen aber hätte ein solcher Vorbehalt in
offenbarem Widerspruch gestanden. Der Verfassungsentwurf
erklärte gleich im ersten Artikel das Reich als den Inbegriff
der deutschen Staaten, welche die Verfassung annähmen; das
Bündnißstatut behielt den übrigen ihre alten Rechte vor; die
Circularnote verhieß, daß thunlichst bald ein Reichstag von
Abgeordneten aus den dem Bündniß beigetretenen Staaten
einberufen werden sollte; in jedem Worte basirte das ganze
Werk neben der Hoffnung auf allseitigen Beitritt zugleich auf
dem Entschlusse, auch im entgegengesetzten Fall die Verfassung
für die theilnehmenden Staaten in das Leben zu rufen. So
hatten Sachsen und Hannover es durch ihre Unterschrift be-
kräftigt: und nun sollten 24 Stunden später die beiden Höfe
sich die Lossagung von der ganzen Sache vorbehalten wollen,