Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1850 Sinnesänderung des preußischen Königs. 359 
platz völlig verschwunden. In den neuen Kammern fanden 
sich die Männer der Frankfurter Kaiserpartei jetzt als Ver- 
treter eines gemäßigten Liberalismus auf der Linken; ihnen 
gegenüber auf der äußersten Rechten stand unter der Führung 
des Präsidenten von Gerlach und des Professors Stahl eine 
starke Partei feudaler und hochkirchlicher Royalisten. Nach- 
dem am 31. Januar 1850 die preußische Staatsverfassung 
zur definitiven Verkündigung gekommen, war die Stellung 
der beiden Parteien zu dem Bündniß und der Verfassung 
vom 26. Mai von selbst gegeben. Eine Versammlung der 
Altkaiserlichen in Gotha hatte, während die Demokraten auch 
hier Enthaltung forderten, den Entwurf vom 26. Mai 
gebilligt und ihr Erscheinen in Erfurt, sowie ihr Eintreten 
für die Enbloc-Annahme beschlossen. Sie blieben hiebei auch 
nach dem Abfall der beiden Königreiche; sie vertrauten auf 
die in den Dingen liegende Kraft, welche auch dem ver- 
kleinerten Bundesstaate, wie es beim Zollvereine geschehen, 
die jetzt noch Widerstrebenden zuführen werde. Die feudale 
Partei dagegen hatte überhaupt geringen Eifer für die Union 
und erhob um so schärfern Einspruch gegen die ungeänderte 
Annahme der Verfassung. Sie wurde hauptsächlich durch 
drei Gründe in dieser Haltung bestärkt. Zunächst fürchtete 
sie eine neue Schmälerung der monarchischen Autorität, wenn 
der preußische König, der schon mit der Berliner Volks- 
vertretung schwere Kämpfe gehabt, fortan mit zwei Parla-= 
menten sich abzufinden hätte 1). Sodann besorgte sie, daß 
Preußen durch das Bündniß mit einer Anzahl Kleinstaaten 
nur einen geringen Machtzuwachs erlangen, dafür aber in 
7) Die seit 1866 gemachten Erfahrungen haben diese Ansicht hin- 
reichend widerlegt.
	        
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