Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

386 Russische Einwirkung. 1850 
bereitwilliger Hülfe bestimmt, während er es andrerseits mit 
Geringschätzung und Verdruß ansah, daß Preußen sich mit 
der Revolution durch die Verleihung einer recht demokratischen 
Verfassung abfand, und dann auf diesem Boden sogar eine 
Erhöhung seiner deutschen Stellung zu erlangen suchte. 
Vollends aber befestigte ihn in solchen Stimmungen das Ver- 
halten der beiden Mächte in der dänischen Sache. In dieser 
stand vom ersten Tage an sein Wille unabänderlich fest. 
Revolutionshaß, Vertragstreue und Machtinteresse wirkten 
hier bei ihm zusammen. Augustenburg und seine Anhänger 
waren ihm schlechtweg der Felonie überführte Rebellen. Im 
vorigen Jahrhundert hatte Rußland dem dänischen Königs- 
hause den Besitz von Schleswig garantirt; er übersah, daß 
diese Garantie für die Entscheidung eines Erbstreits innerhalb 
des Königshauses ohne alle Bedeutung war, und wollte des- 
halb keine verschiedene Thronfolge in Kopenhagen und in 
Schleswig dulden. Mit wohlberechneter Demuth hatten die 
Dänen ihm die Feststellung der künftigen Succession anheim 
gegeben, und damit vollends seine Gnade gewonnen; er hatte 
dann den Gedanken gefaßt, höchst unparteüsch die beiden 
Parteien, die Agnaten und die Cognaten, zum Verzichte zu 
nöthigen, und die Krone des dänischen Gesammtstaats einem 
Abkömmling der entferntern Linie Gottorp, dem Erbprinzen 
von Oldenburg, zuzuwenden. Er stand darüber seit dem 
Mar 1850 bereits mit Frankreich und England in Unter- 
handlung, und der Umstand, daß nach einem Erlöschen des 
Oldenburger Stammes dann Rußland der nächste Erbberechtigte 
für Dänemark sein würde, machte ihm natürlich den Plan 
nicht weniger empfehlenswerth. So begreift sich sein Zorn 
über Preußens Auftreten für den rebellischen Augustenburger
	        
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