Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

400 Die Krisis. 1850 
zur Vollendung der definitiven Bundesverfassung. Für deren 
Berathung erkläre Osterreich sich bereit zu der von Preußen 
beantragten Form freier Conferenzen anstatt des Bundestags. 
„Wir würden dann, setzte er hinzu, uns mit den Königreichen 
sehr herumbeißen müssen; aber ich hoffe, mit ihnen fertig zu 
werden. Nur ist es mir unmöglich, noch lange zu warten, 
da ich zu sehr von den Andern gedrängt werde. Erlange 
ich nicht bald Beruhigung von Eurer Seite, so bleibt mir 
nichts übrig, als auf meinem Wege vorwärts zu gehen.“ 
Es war kein verächtliches Angebot, was er hiemit machte. 
Gegen die Aufhebung der Verfassung vom 26. Mai Gleich- 
berechtigung Osterreichs und Preußens im Bunde, Ausschluß 
der Mittelstaaten aus der Executive, Verzicht auf das Gruppen- 
system und die Mediatisirung der Kleinstaaten, und endlich 
Wiederauflösung des eben neu belebten Bundestags. Graf 
Bernstorff empfahl dringend die Annahme, und auch der 
Minister von Schleinitz war dazu geneigt. 
Aber das Angebot, so vortheilhaft es für Preußen im 
Vergleiche mit der alten Bundesverfassung war, enthielt andrer- 
seits auch den ausdrücklichen Verzicht auf die deutsche Ein- 
heit unter preußischer Führung. An die Stelle des engern 
und weitern Bundes sollte Osterreichs und Preußens Duum- 
virat, die Zweiherrschaft über Deutschland, treten. Im 
engern Bunde hätte Preußen die Leitung der deutschen An- 
gelegenheiten allein, beim Duumvirat erhielten die beiden 
Mächte gleichmäßigen Einfluß auf die deutsche Politik. Aller- 
dings war in jenem Preußens Machtgewinn größer, in diesem 
aber ohne Zweifel leichter erreichbar. Entschied man sich für 
diesen, so brauchte man nur in Schwarzenberg's Hand ein- 
zuschlagen. Wählte man jenen, so mußte man auf einen
	        
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