Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

1850 Zwiespalt im preußischen Cabinet. 403 
König Friedrich Wilhelm nachdrücklich zurückgewiesen worden. 
Die von dem Parlamente revidirte Redaction war zwar von 
dem Könige genehmigt, aber von mehreren andern Staaten 
theils verworfen, theils ausweichend kritisirt worden. Über- 
haupt aber kamen alle Betheiligten überein, daß beide für 
ein deutsches Reich berechneten Entwürfe auf einen Verein 
Preußens mit einem Dutzend Kleinstaaten nicht anwendbar 
seien. So lebte man im Provisorium, ohne rechtlichen Grund 
und Boden, ohne eine Hoffnung auf absehbare Besserung 
des Zustandes. 
In dieser Lage trat eine offene Spaltung im preußischen 
Cabinet ein. Unter Zustimmung des Kriegsministers General 
von Stockhausen beantragte der Minister des Innern, Herr 
von Manteuffel, am 24. Juli, die Unausführbarkeit der 
Verfassung vom 26. Mai definitiv auszusprechen, damit die 
ganze Union aufzugeben, und den wenigen Getreuen ein 
neues Schutzbündniß mit Preußen anzubieten. Die übrigen 
Minister hielten noch etwas zurück, ließen jedoch den 
Wunsch erkennen, den unvermeidlichen Schritt möglichst bald 
zu thun. 
Aber mit größter Lebhaftigkeit warf sich General von 
Radowitz diesen Bestrebungen entgegen. 
Seine Antwort auf die Ausführungen Manteuffel's hob 
in einer Denkschrift vom 25. Juli zwei Gegengründe hervor. 
Der eine war, daß Preußen für das Einheitswerk nicht bloß 
den Fürsten, sondern auch der Nation verantwortlich, und 
ohne einen entsprechenden Parlamentsbeschluß zur Aufhebung 
der Verfassung nicht befugt sei. Dies wäre zutreffend ge- 
wesen, wenn Preußen den jetzigen Bestand der Union veran- 
laßt hätte; unmöglich aber konnte Preußen für den Austritt 
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