426 Die Krisis. 1850
untergeordneten Stellung bedroht sahen, riefen zunächst in
München und Stuttgart eine heftige Erbitterung hervor.
Unter leidenschaftlichen Reden erklärte Minister von der
Pfordten dem preußischen Gesandten, daß Bayern nicht einen
Schritt zurückweichen, daß Preußen den Krieg haben würde,
wenn es ihn begehre, und verfügte neue Rüstungen und Ver-
stärkung des bei Aschaffenburg stehenden Corps. Hierauf
mußte dann auch der preußische Kriegsminister, wenn gleich
mit tiefem Widerwillen, einige Lebenszeichen erkennen lassen.
Nach seinem Vorschlage wurden am 8. October bei Erfurt
4000 Mann aufgestellt, ein Antrag Radowitz's aber, sie an
die hessische Grenze vorgehen zu lassen, von Stockhausen ab-
gelehnt. Die bei Kreuznach stehende Abtheilung wurde nach
Wetzlar gezogen und dadurch das dortige Corps auf 10000
Mann gebracht; endlich wurden bei Paderborn 3500 Mann
marschbereit gehalten. Alle diese Truppen waren im im-
mobilen Friedenszustande, und blieben zusammen unter der
Stärke des bayerischen Armeecorps in Franken. Indessen er-
klärte Stockhausen, daß er nöthiges Falls binnen vierzehn
Tagen bei Erfurt 27000 Mann versammeln könne, weitere
Vorkehrungen erschienen unnöthig, so lange Osterreichs Hal-
tung unentschieden sei.
Diese Ungewißheit klärte sich fast in demselben Augen-
blicke auf. Fürst Schwarzenberg hatte sich über die Beur-
theilung der hessischen Frage in Petersburg erkundigt und
mit Befriedigung erfahren, daß Kaiser Nikolaus über die
Casseler Beamtenrevolution entrüstet sei, und die Anrufung
des Bundestags durch den Kurfürsten vollkommen billige; sie
sei gerade so zweckentsprechend, als hätte er, der Kaiser, sie
jenem selbst in die Feder dictirt. Hienach beschloß man in