Innere Wiederbelebung. 31
gebeugten Könige Friedrich Wilhelm III. zwei mächtige Helfer,
Stein und Scharnhorst, zugeführt, beide erfüllt von genialer
Geisteskraft, unerschütterlichem Muthe, selbstloser Hingabe.
Beide begriffen, daß bei der Tiefe des Sturzes die Mittel
des friedricianischen Staats zur Wiederherstellung ungenügend,
daß dazu eine nicht aus blindem Gehorsam, sondern aus
freier Begeisterung entspringende Anspannung aller Volkskräfte
erforderlich sei. So wurde der Gedanke der politischen Freiheit
dem Hohenzollernstaate zunächst als Kampfeswaffe zugeführt:
der Freiheit nicht im landläufigen Sinne als einer Schwächung
der Staatsgewalt zu Gunsten individueller Rechte, sondern
in der positiven Bedeutung einer Stärkung des Staats durch
patriotische Mitarbeit des Volkes an jeder Aufgabe des Gemein-
wesens. Demnach sollten alle fruchtbaren Kräfte des Volkes
entfesselt, die geistige Bildung überall entwickelt, und durch
das Bewußtsein politischer Mündigkeit privates und öfsent-
liches Interesse verschmolzen werden. Es wurden jetzt die
alten Wünsche Friedrich Wilhelm's I., die Befreiung der
Bauern und die allgemeine Wehrpflicht, der Verwirklichung
entgegen geführt; die Standesunterschiede traten zurück vor
der Allen gemeinsamen Kriegerehre; neben dem Wirken der
königlichen Beamten erhoben sich die Anfänge einer bürger-
lichen Selbstverwaltung; Entwürfe zu einer Neugestaltung der
Provinzialstände und zur Bildung eines künftigen Reichstags
wurden in das Auge gefaßt. Alles war darauf angelegt,
jedem Bürger die Sache des Vaterlandes als die eigene Sache
erscheinen zu lassen, und ihn dadurch mit bereiter Opferwillig-
keit für den bevorstehenden heiligen Krieg zu erfüllen. Allerdings
ist es eine Caricatur des wirklichen Ereignisses, wenn man
später oft behauptet hat, die Freiwilligen und Landwehren