Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

32 Die Reformen und ihre Gegner. 
von 1813 wären zu den Waffen geeilt, weil ihnen der König 
eine liberale Verfassung versprochen hätte: an ein solches 
Contractverhältniß hat keiner der Männer gedacht, welche 
damals Blut und Leben für die Befreiung vom fremden 
Joche einsetzten. Darum aber bleibt es nicht minder gewiß, 
daß die spätere endlose Verschleppung des Verfassungswerkes 
ein Ausbiegen aus den von Stein und später von Harden- 
berg eingeschlagenen Bahnen und damit eine Abwendung von 
dem Geiste jener großen Zeit gewesen ist. 
Der Schwung idealer Gedanken, von welchem damals 
die preußischen Staatsmänner getragen wurden, riß nun einen 
großen Theil des Volkes unbedingt mit sich fort. Jedoch 
fehlte es keineswegs an Besorgnissen und Widerspruch. Mancher 
Bürger murrte über die neue Gewerbefreiheit und über die 
Mühen der städtischen Selbstverwaltung; mancher Bauer fand 
sich durch die Befreiung ökonomisch nicht gebessert, sondern 
geschädigt; allgemein war der Jammer über den entsetzlich 
schweren Steuerdruck. Es fehlte nicht an Kleinmüthigen, die 
es für Wahnsinn hielten, mit der geringen preußischen Macht 
sich dem französischen Coloß in den Weg zu werfen. Politische 
Differenzen traten hinzu. Eine Anzahl einflußreicher Officiere 
sah in Scharnhorst's Einrichtungen die Auflösung aller mili- 
tärischen Zucht und damit die Zerrüttung des altpreußischen 
Heerwesens. Das Wort, das Heer müsse „das Volk in Waffen“ 
werden, erschien ihnen als die Verkündung der bewaffneten 
Revolution. Nicht minder anstößig waren Stein's und Harden- 
berg's populäre Reformen einem großen Theile des kurmärki- 
schen, pommerischen und schlesischen Adels. Hatten doch schon 
1733 ihre Vorfahren gegen das Recrutirungsgesetz Friedrich 
Wilhelm's I., gegen den ersten Schritt zur allgemeinen Wehr-
	        
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