Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

44 Landerwerb Osterreichs. 
treten, sondern als europäische Mächte in voller Unab- 
hängigkeit verharren. Dann aber erhoben sie Protest gegen 
jene Volksrechte, und als Stein gerade hierauf mit seinem 
ganzen Feuereifer drang, entschlossen sie sich, aus eigner 
Großmuth ihren Unterthanen Constitutionen zu verheißen, 
um nicht durch den Bund dazu gezwungen zu werden. Ülber- 
haupt wiesen sie jede Beschränkung ihrer fürstlichen Souve- 
ränität und jeden Eingriff des Bundesrechts in ihre Landes- 
verwaltung auf das Schroffste zurück. 
Osterreich benahm sich hinterhaltiger. Niemals wollte 
es dem Bunde eine Einwirkung auf die kaiserlichen Erblande 
gestatten, am wenigsten dort die Stein'schen Volksrechte zu- 
lassen. Indessen wünschte es sich bei den großen europäischen 
Verhandlungen des Wiener Congresses Preußens Unterstützung 
zu erhalten, ließ deshalb in der deutschen Verfassungsfrage 
den Mittelstaaten die Rolle des Vorkampfes, und eignete sich 
vorläufig einen Theil der preußischen Anträge an. Die 
Sache wurde einstweilen durch die im Congreß beginnende 
Verhandlung über den Gebietsumfang der Mächte in den 
Hintergrund geschoben. Hier war wieder charakteristisch für 
Osterreichs Politik, daß es seine früheren Besitzungen in 
Schwaben und Belgien, die ihm von mehreren Cabinetten, 
und namentlich die erstern von Preußen, dringend angeboten 
wurden, ganz entschieden zurückwies. Wir wollten, sagt 
Metternich, unser Reich ohne directe Berührung mit Frank- 
reich hinstellen. Er suchte und fand statt dessen die reiche 
Entschädigung seines Staats in Italien, in der unmittelbaren 
Einverleibung Lombardo-Venetiens und der mittelbaren Be- 
herrschung Toscanas und Modenas. Aus Deutschland freilich 
war Osterreich damit mehr und mehr herausgewachsen. Ein
	        
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