Neugestaltung Preußens. 45
eignes Interesse, den Oberrhein gegen Frankreich zu decken,
hatte es nicht mehr, und auch für die Entstehung einer innern
Gemeinschaft zwischen Deutschland und Ssterreich war die
materielle Grundlage verloren. Ganz anders verlief sich die
territoriale Gestaltung Preußens. Osterreich und England
wünschten es ebenfalls möglichst aus Deutschland entfernt zu
halten, und es deshalb mit weiten polnischen Territorien
auszustatten. Der König aber hatte gar keine Neigung, die
Zahl seiner slavischen Unterthanen zu vermehren, und begehrte
statt dessen das ganze Kursachsen, dessen König bis zur letzten
Stunde bei Napoleon ausgehalten hatte. Allein dem trat
Osterreich heftig entgegen, und nach langem bitterm Hader
war das Ergebniß, daß Preußen außer Posen, Vorpommern
und der Hälfte Sachsens seine heutigen Provinzen Rhein-
land und Westfalen, völlig abgetrennt von seinen übrigen
Besitzungen, empfing. Damit hatte es den Schutz der nord-
deutschen Grenzen sowohl gegen Frankreich als gegen Ruß-
land übernommen; bei der Erstreckung seiner Lande vom
Niemen bis zur Maas gab es kein deutsches Interesse mehr,
das nicht auch ein preußisches gewesen wäre. Preußen war
wieder in Deutschland hineingewachsen.
Obwohl nun Hardenberg bei diesen Händeln sehr be-
denkliche Proben von der Zuverlässigkeit der Wiener Freunde
erlebt hatte, hielt er bei der Wiederaufnahme der deutschen
Verfassungsfrage unbeirrt an der bisherigen Haltung fest.
Der Verlauf war im Allgemeinen der, daß Preußen, unter-
stützt durch die Kleinstaaten, seine Anträge auf starkes Reichs-
regiment und weite Volksrechte stellte, Osterreich sie mnt ge-
linden oder bedeutenden Abschwächungen unterstützte, die süd-
deutschen Mittelstaaten sie aber energisch und unbedingt