Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

IV. 
Am Maaße der Anforderungen eines realen Staats- 
wesens gemessen, besaß die mit so großer Anstrengung zu 
Stande gebrachte deutsche Bundesacte ziemlich vollständig 
alle Mängel, durch welche eine Verfassung unbrauchbar 
werden kann. 
Unstatt einer geordneten Bundesregierung setzte sie als 
einziges Gesammtorgan Deutschlands eine von damals 39 
souveränen Staaten beschickte Bundesversammlung ein. Als 
deren Beruf war angegeben, daß sie die äußere und innere 
Sicherheit zu wahren habe, im Ubrigen war ihre Competenz, 
in wie weit sie zu diesem Zwecke gesetzgebende Gewalt oder 
Befugniß zu Verwaltungsmaaßregeln habe, völlig unbestimmt. 
Zu weiterer Ahnlichkeit mit dem ehemaligen polnischen Reichs- 
tag war auf königlich sächsische Anregung festgesetzt, daß alle 
wichtigern Gegenstände, wie Verfassungsänderungen und 
bleibende Bundeseinrichtungen, nur durch einstimmigen Be- 
schluß aller Staaten zu Stande kommen konnten. Ebenso 
blieben gemeinnützige Anordnungen, welche nicht unter den 
Bundeszweck fielen, der freien Vereinbarung aller Staaten 
überlassen. Es leuchtet ein, daß schon durch dies Erforderniß 
der Einstimmigkeit das Wirken des Bundestags für alle
	        
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