Politische Morde. 55
in einander: wenn die Burschenschafter und die liberalen
Kammerredner nicht schleunig beseitigt würden, hielt er Deutsch-
land und Österreich der socialen Revolution unrettbar Preis
gegeben. Andere Mittel gegen solche Gefahren als umfassende
polizeiliche Repression waren ihm unbekannt. Hier, meinte
er, gelte es rasches Durchgreifen für alle deutschen Staaten.
Freilich bemerkte er jetzt selbst, daß mit dem schönen Werke
seiner Hände, mit dem Bundestage, und dessen unbehülflichen
und schleppenden Rechtsformen in so drängender Noth nichts
auszurichten sei. Man mußte auf andere Weise die Hände
der den Bund leitenden Gewalten stärken. Der Bundestag
war eine durch die Paragraphen der Bundesacte organisirte
Anarchie; nach der alten Regel sollte also die Anarchie durch
den Staatsstreich abgelöst werden. Ein solcher aber war
nicht möglich ohne Preußens Beihülfe, und ob diese zu er-
langen wäre, konnte nach Preußens Stellung zum Bunde
sehr fraglich erscheinen.
Da geschah, daß aus einer kleinen, von der Mehrheit
stets abgewiesenen Gruppe der Burschenschaft zwei junge
Fanatiker ausgingen, von denen der eine den Dichter Kotzebuc
als angeblichen Fürstenknecht und russischen Spion erdolchte,
und der andere gleich nachher einen Mordversuch gegen den
Nassauer Präsidenten, Herrn von Ibell, machte. Das Auf-
sehen, welches diese Frevelthaten hervorriefen, war uner-
meßlich; auch König Friedrich Wilhelm und Hardenberg
waren ebenso erzürnt wie erschrocken, und sehr begreiflich
war es, daß der König eine strenge Untersuchung des
Demagogenthums an allen preußischen Universitäten verfügte.
Leider wurden aber die beiden Attentate auch der Vorwand
für eine lärmende Bewegung aller alten Widersacher der