Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Erster Band. (1)

58. Bedenken gegen die Beschlüsse. 
Straf= und Proceßrecht aller Einzelstaaten reguliren, und 
zuletzt sämmtliche Polizisten und Soldaten derselben in Eid 
und Pflicht der Bundesgewalt nehmen, Alles zum Schutz 
der innern Sicherheit. Auf diesem Wege eröffnete sich für 
Kaiser Franz die Aussicht, nicht gerade, wie Metternich jubelte, 
die Stellung eines deutschen Kaisers zu gewinnen, wohl aber 
der Chef einer allmächtigen deutschen Polizei zu werden. 
Es war ein energisches Heilverfahren, welches Metternich 
zur Beschirmung der deutschen Souveräne gegen die dema- 
gogische Seuche anzuwenden gedachte. Die Frage war nur, 
ob den Patienten das Heilmittel nicht gefährlicher als die 
Krankheit erscheinen würde. 
In der That war eine große Anzahl der deutschen Höfe 
trotz ihres Abscheues gegen Demagogen und Zeitungsschreiber 
mit dem Karlsbader Staatsstreich wenig zufrieden. Mehrere 
mißbilligten den Inhalt der dort gefaßten Beschlüsse, fast 
Alle zürnten über die Rücksichtslosigkeit und Rechtswidrigkeit 
des Verfahrens. Selbst Bayern und Mürttemberg, welche 
doch so tapfer in Karlsbad mitgearbeitet hatten, empfanden 
nachher Bedenken über die Tragweite der dort bethätigten 
Grundsätze und die möglichen Consequenzen für die Unab- 
hängigkeit der Einzelstaaten. Unter diesen Umständen wurde 
eine in Berlin sich vollziehende Wendung entscheidend. Nicht 
aus Abneigung gegen Osterreich, sondern aus Momenten der 
innern Politik ging sie hervor. Zwei große Fragen kamen 
dabei in Betracht. 
Das berühmte Gesetz vom 22. Mai 1815 hatte Preußen 
eine reichsständische Verfassung in Aussicht gestellt, zeitgemäße 
Neugestaltung der Provinzialstände, und aus diesen hervor- 
gehend eine Repräsentation des Volkes, Reichsstände mit
	        
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