1861 Differenzen zwischen Hassenpflug und den Commissaren. 131
ordnung herausstrichen, wenn für eine Vorlage die Bedürfniß-
frage bejaht sei, würden ständische Amendemeuts bei einzelnen
Artikeln nur den Werth von Petitionen haben, welche die
Regierung nach eigenem Belieben berücksichtigen oder ver-
werfen würde. Eine solche Degradirung der wahren Stände
ging doch auch Herrn Uhden zu weit.
Am 22. Juli berichtete darauf Hassenpflug dem Bundes-
tag, bei Fortdauer des Belagerungsstandes könne jetzt die
Regierung auch ohne fremde Truppen für die innere Ruhe
einstehen. Die beiden Commissare schlossen demnach ihre
Thätigkeit auf hessischem Boden und gingen nach Frankfurt,
wo Uhden ihren Generalbericht an den Bundestag und eine
Reihe von Denkschriften sowohl über die provisorischen Gesetze
als über die neue Verfassung ausarbeitete, im Ganzen über
hundert Seiten. der gedruckten Bundestags-Protokolle, so daß
der schreibselige Verfasser erst Anfang October sie seiner Re-
gierung vorlegen konnte. Sofort aber stellten sich neue
Differenzen zwischen den Commissaren und der kurfürstlichen
Regierung heraus.
Hassenpflug beantragte bei den Großmächten, daß der
Bundestag, unter ausdrücklicher Genehmigung und Garan-
tirung der neuen Verfassung, die kurfürstliche Regierung an-
weise, dieselbe ohne Zögern definitiv einzuführen, da ohne
eine solche Verfügung der höchsten Behörde der Kurfürst
durch seinen alten Verfassungseid am Vorgehen gehindert sei.
Die Commissare schlugen dagegen vor, der Bund möge dem
Verfassungsentwurf seine vorläufige Zustimmung ertheilen,
seine definitive Entscheidung aber sich vorbehalten, bis die
auf Grund der neuen Verfassung einzuberufende Stände-
versammlung über dieselbe gutachtlich gehört sein werde.
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