1854 Rußlands Isolirung. 177
päischen Staatenverein, freie Erklärung des Sultans, den christ-
lichen Kirchen aller Confessionen seinen Schutz zu gewähren.
Der Divan war mit dem Allem einverstanden, Rußland
aber beharrte auf seinen ursprünglichen Forderungen, wollte
überhaupt von guten Diensten der vier Mächte nichts wissen,
da sein Streit mit der Türkei eine innere, häusliche Ange-
legenheit sei.
So hatte sich binnen Jahresfrist in der politischen Lage
Europas eine gründliche Anderung vollzogen. Zu Anfang
1853 hatte Rußland an der Spitze der heiligen Allianz und in
vertrauter Freundschaft mit England ohne Frage die leitende
Stellung in der großen Politik, während Frankreich, von allen
Höfen beargwohnt, sich in völlig vereinzelter Lage befand.
Ein Jahr nachher stand Rußland einem einmüthigen Zusammen-
wirken sämmtlicher Großmächte gegenüber, sah sein Vorgehen
von ihnen Allen gleichmäßig verurtheilt, von zweien bereits
mit schwerer Waffengewalt bedroht. Und was nicht am
wenigsten in Petersburg empfunden wurde, an der Spitze
dieser mächtigen Vereinigung stand gerade der zumeist gehaßte,
zumeist verachtete Napoleonide, dessen energisches Drängen
Schritt auf Schritt die englischen Flotten in Bewegung ge-
bracht, dessen umsichtige Diplomatie in der Wiener Conferenz
die leitende Stimme gewonnen hatte. Bereits war England
mit ihm einverstanden, daß die Metzelei von Sinope die eigene
Ehre der Seemächte befleckt habe, also bei fortdauerndem
Trotze Rußlands für sie selbst der Kriegsfall vorhanden sei.
Wenn man jetzt auch die beiden deutschen Mächte zu dem
gleichen Entschlusse herbeibrachte, ihr in den Conferenz-
Protokollen niedergelegtes Urtheil ebenfalls mit den Waffen
zur Execution zu bringen: dann lag die heilige Allianz in
v. Sybel, Begründung d. deutschen Reiches. II.