Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

196 Neues Bündniß zwischen Österreich und Preußen. 1854 
20. April unterzeichnet, und zugleich eine Militärconvention 
verabredet, durch welche Preußen sich verpflichtete, unter Um- 
ständen 100000 Mann binnen 36 Tagen an seiner Ostgrenze 
aufzustellen, und sein Heer, wenn nöthig, auf 200 O00 Mann 
zu verstärken; es wird, hieß es dann, sich über dies Alles 
mit Osterreich verständigen. Die Frage, ob und wann diese 
Maaßregeln nöthig würden, war also auch hier nicht dem 
freien Ermessen Osterreichs, sondern einem Einvernehmen 
beider Verbündeten vorbehalten. 
In der That, es war eine Allianz von ganz besonderer 
Art, herzliche Einigkeit unter größter Vorsicht, brüderliches 
Vertrauen unter allseitigen Verwahrungen. Wohl sah Preußen 
die Möglichkeit eines Bruches mit Rußland, und Österreich 
freute sich der Allianz auch im Hinblick auf Italien und 
Frankreich. Der wesentliche Zweck des Vertrags aber war 
und blieb für Osterreich die Deckung seines Gebietes bei seinem 
Vorgehen gegen Rußland, für Preußen aber die Sicherung 
seiner Neutralität gegen etwaige Gelüste Frankreichs und der 
Revolution. Im Sinne Osterreichs machte die Allianz Front 
gegen Osten, in Preußens Meinung gegen Westen. Wie 
entschieden in dieser Hinsicht die Intentionen Friedrich Wil- 
helm's waren, wurde der Welt offenbar durch die Behandlung 
der bisher einflußreichen Vertreter der entgegenstehenden 
Tendenz: in den ersten Tagen des Mai wurde Baron Bunsen 
aus London abberufen, der Kriegsminister von Bonin plötzlich 
entlassen, und der Prinz von Preußen von allen seinen mili- 
tärischen Ämtern beurlaubt, ja wegen seiner bisherigen Oppo- 
sition mit Festungshaft bedroht. 
Unterdessen erging aus Wien und aus Berlin ein Rund- 
schreiben an die deutschen Höfe, mit der Nachricht von dem
	        
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