Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

1855 Banerische Anträge zur Kräftigung des Bundestages. 243 
seines Gebieters, welche nach Umständen auch Bayerns Selb- 
ständigkeit stark beschränken konnten, mußte aber schon am 
10. November 1855 nach Frankfurt den Antrag senden, die 
Bundesversammlung möge die Anfertigung gemeinnütziger 
Gesetze über ein deutsches Handelsgesetzbuch, deutsches Hcimaths- 
recht, gemeinsame Münze, Maaß und Gewicht, deutsche Aus- 
wanderung, in Berathung nehmen. 
Nun war bekanntlich nach seinen Grundgesetzen der 
Bundestag zwar berechtigt zu gemeinnützigen Einrichtungen, 
jedoch war hiebei für jeden Beschluß Einhelligkeit aller 
Stimmen erforderlich. Eine solche aber war in den meisten 
Fällen unmöglich, oder nur durch Compromisse erreichbar, 
welche dann niemand völlig befriedigten; einmal aber be- 
schlossen, stand die Einrichtung unkündbar fest, denn ihre 
Aufhebung oder Anderung setzte wieder Stimmeneinhelligkeit 
voraus. Wo also bisher Bedürfnisse solcher Art hervor- 
getreten waren, hatten die Betheiligten, Preußen voran, es 
stets vorgezogen, das Ziel durch freie und kündbare Verein- 
barung, sei es nach Anregung im Bundestag, sei es völlig 
unabhängig vom Bunde, zu erreichen. Preußen war um so 
weniger geneigt, von diesem Standpunkte zu weichen, je deut- 
licher das Bestreben Osterreichs in den letzten Jahren hervor- 
getreten war, durch die ihm dienstwillige Bundesmajorität die 
Selbständigkeit der preußischen Politik zu beeinträchtigen. 
Bismarck entwickelte diese Auffassung gleich nach dem Er- 
scheinen des bayerischen Antrags am 26. November in einem 
ausführlichen Berichte, welcher sofort die volle Zustimmung 
des Ministers von Manteuffel fand. Man wurde darin durch 
die Thatsache noch weiter befestigt, daß Graf Buol sich sehr 
lebhaft für den bayerischen Antrag aussprach, um, wie 
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